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KOSOVO Antikriegsseite


Ein persönlicher Bericht vom Friedenskonvoi
Haß, Wut und die Nato

Haß und Wut sind verständliche Reaktionen, wenn ein Volk Bombardiert wird.
Betroffen war ich aber besonders, wenn mir Jugoslawen in Belgrad sagten: Was ist denn von einem Volk zu erwarten, bei dem sich Jugendliche untereinander umbringen wie in den USA? Einem solchen Volk ist es auch zuzutrauen, ein anderes Land zu bombardieren.

Wenn wir im Konvoi auch damit gerechnet hatten, in Jugoslawien und Belgrad auf Haß und Wut auf uns Deutsche zu treffen, so können Jugoslawen doch sehr gut unterscheiden, unterscheiden zwischen in NATO-Doktrin eingebundene Politiker und dem Deutschen Volk - und wenn diese Erkenntnis die Einzige gewesen wäre, so hätte sich der Konvoi nach Belgrad schon allein dafür gelohnt.

Eigentlich hatten ich mit allem gerechnet, aber nicht mit einem Land, das uns uns verständnisvoll empfängt und unseren Wunsch nach Frieden mit den wenigen, vorhandenen Mitteln unterstützt.

Völlig anders jedoch von bundesdeutscher und Nato-Seite.
So sorgte die Nato z.B. dafür, daß unsere Busse nicht nach Jugoslawien fahren konnte. Eine einfache Erklärung, daß unser Konvoi nicht angegriffen wird, hätte ausgereicht, um eine notwendige Reise-Haftpflichtversicherung für das Busunternehmen im „Kriegsland Jugoslawien“ abschließen zu können. Aber von der Nato kam nur lapidar: „Busse greifen wir nicht an“.

Auch unterließ die Bundesregierung außer Gewalt nichts, um uns von der Fahrt abzuhalten. Ein „Friedensvertreter“ versuchte noch bis zur Abfahrt, unsere Organisatoren davon zu überzeugen, daß Milano ein wesentlich besseres Reiseziel wäre. Nur dem massiven Protest der Teilnehmer war es zu verdanken, daß die ursprüngliche Route eingehalten wurde. Später erzählte mir ein teilnehmender Journalist, daß er Erkundigungen über den „Friedensvertreter“ eingeholt und ihm Journalistenkollegen die Information gaben, daß der angebliche Friedensvertreter eng mit bundesdeutschen Behörden zusammenarbeitet, die nicht gern in der Öffentlichkeit genannt werden wollen. Wie ist es auch zu verstehen, daß unsere Grenzkontrollen bis zu einer Stunde dauerten, Pässe eingesammelt und angeblich geprüft wurden?
Außer von jugoslawischer Seite habe ich jedoch keinen Stempel von irgend einer Grenzstation und zurück dauerten die Grenzkontrollen nur 10 bis 15 Minuten.

Wie ist es auch zu verstehen, daß ein weiterer westdeutscher „Friedensvertreter“, durch einen Anruf des Auswärtigen Amtes sich genötigt sah, den jugoslawischen Botschafter in Budapest aufzufordern, sofort den Sat. 1 Korrespondenten zu übergeben bzw. ihn zu sprechen.
Unabhängig davon, das der Botschafter darauf keinen Einfluß hat und der falsche Ansprechpartner war, war das Timing perfekt, wir hatten gerade unsere Pässe abgegeben und jugoslawische Botschaftsmitarbeiter bearbeiteten gerade unsere Einreiseanträge.
Auf unsere Frage, warum der „Friedensfreund“ nicht die gesamte Gruppe von seinem Vorhaben informierte und warum gerade zu diesem Zeitpunkt, konnte der „Friedensfreund“ uns keine Antwort geben. Er hatte vor unserem Besuch in der jugoslawischen Botschaft fast zwei Stunden Zeit, ohne unsere Gruppe sein Anliegen in der jugoslawischen Botschaft vorzubringen. So kam bei uns das Gefühl auf, von ihm und der Bundesregierung benutzt zu werden, besonders auch, da zwei Straßen weiter Dutzende hochbezahlte Diplomaten in der deutschen Botschaft sitzen und nur darauf warten, Aufträge des Auswärtigen Amtes auszuführen.
Aber diese Herren verstecken sich hinter Gittern und waren nicht einmal bereit, mit uns über unsere Ziele und Vorstellungen zu sprechen - wir wurden nicht eingelassen und mußten auf der Straße stehen. So nutzten wir die Zeit, vor unserem Besuch in der jugoslawischen Botschaft noch eine spontane Demonstration vor der deutschen Botschaft gegen Bomben und Krieg durchzuführen.

Wichtig ist, daß dieser Konvoi, organisiert von Mitgliedern unterschiedlichster Organisationen, so z.B. Mitgliedern des „Bündnisses für Frieden“, von Mitgliedern von „Mütter gegen den Krieg“, Grünen, SPD und PDS-Mitgliedern, aber auch von Privatpersonen ein Ziel erreicht hat, den Menschen in Belgrad einige Stunden ohne Natobomben zu schenken und zu zeigen, die Nato-Politiker sind nicht die europäischen Völker. Noch gibt es anscheinend in den Führungsgremien der Nato und der Bundesrepublik Personen, die nicht ganz dem Kriegswahn verfallen sind. Die Tatsache, daß die Nato regiert hat und in den Gebieten, in denen sich der Konvoi aufgehalten hat, keine Angriffe geflogen hat, läßt zumindest hoffen, daß Frieden noch eine Option ist - und etwas hat sich in den letzten Tagen auch getan, Milosevic läßt bewaffnete Friedenstruppen zu, die Nato besteht nicht mehr auf die militärische Führung, aber ob das ausreicht?

Ralf Schmidt

Quelle
Friedenskonvoi nach Belgrad
http://www.01019freenet.de/kosovo/konvoi.htm
http://home.t-online.de/home/03495389331/konvoi.htm