Antifa Nachrichten, Nr. 2, April
1999, S. 3: Gemeinsame Erklärung
antifaschistischer Organisationen:
Gegen den Angriffskrieg der Nato, gegen die deutsche Beteiligung!
Das seit der Befreiung von Faschismus und Krieg 1945
Undenkbare ist geschehen: Von deutschem Boden geht wieder Krieg aus! Ohne Mandat der
Vereinten Nationen und unter Bruch des Völkerrechts hat die NATO mit deutscher
Beteiligung einen Angriffskrieg gegen einen souveränen Staat, das UN-Mitglied
Jugoslawien, begonnen. In der Bundesrepublik Deutschland verstößt diese
Kriegsbeteiligung eindeutig gegen das Grundgesetz. Mit dem völkerrechtswidrigen Angriff
auf Jugoslawien wird der Weg zum Faustrecht in den internationalen Beziehungen beschritten
- mit verheerenden Folgen für die Zukunft Mit den Angriffen der NATO haben sich die
Bedrohungen für die Menschen in Jugoslawien, die Greuel und Gewalttaten im Kosovo noch
verschärft und ausgeweitet, die Flüchtlingsströme zugenommen. Das beweist, daß
militärische Angriffe solcher Art den Konflikt nicht lösen, sondern noch verschärfen.
Mit der Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an dem
Krieg gegen Jugoslawien ist eine entscheidende Schlußfolgerung aus der deutschen
Geschichte - daß von deutschem Boden nie wieder ein Krieg ausgehen soll - gebrochen
worden. Und dies ausgerechnet von Männern und Frauen, von denen Eltern oder Großeltern
selbst zu den Opfern von Faschismus und Krieg gehörten. Während viele Menschen von der
neuen rot-grünen Mehrheit im Bundestag eine Politik der zivilen Friedensfürsorge
erwartet hatten - wie sie auch in der Koalitionsvereinbarung versprochen wurde -, stellt
sich nun heraus, daß die von dieser neuen Mehrheit gebildete Regierung nicht nur die
Politik des Ausbaues der weltweiten militärischen Interventionsfähigkeit der Bundeswehr
fortsetzt und noch verschärft, sondern mit der aktiven Beteiligung an einem Angriffskrieg
eine verheerende Zäsur in der Entwicklung Deutschlands eingeleitet hat. Ungeachtet aller
Unterschiede zieht sich deutsche Balkanpolitik wie eine Blutspur durch die Geschichte
dieser Region. Ausgehend von der Parole des deutschen Kaisers "Serbien muß
sterbien" im Ersten Weltkrieg über die Bombardierungen, Überfall, Besetzung und den
Massenmord an Zivilisten im Zweiten Weltkrieg bis hin zur Erklärung des früheren
Bundesaußenministers Kinkel, "Wir müssen Serbien in die Knie zwingen", wird
eine erschreckende Kontinuität sichtbar.
Uns als Vereinigungen der Widerstandskämpfer und Opfer des
Naziregimes erschüttert es besonders, daß eine sozialdemokratisch geführte
Bundesregierung, entgegen allen früheren Erklärungen ihrer Mitglieder, sich an diesem
Krieg beteiligt, deutsche Bomben auf serbische Städte und Dörfer werfen läßt und
deutsche Soldaten auf dem Balkan einsetzt. Wir sagen Nein zum NATO-Krieg gegen Jugoslawien
und Nein zum Einsatz der Bundeswehr in diesem Krieg. Wir sagen Nein zur Kriegspolitik der
Bundesregierung. Wir danken den Bundestagsabgeordneten, die sich dem Kriegskurs widersetzt
haben. Wir fordern die Regierung und die Abgeordneten des Bundestags auf, die Bundeswehr
sofort aus dem Einsatzgebiet zurückzuziehen und alle Anstrengungen zur Beendigung des
Angriffskrieges der NATO zu unternehmen. Es kommt jetzt darauf an, die Alternativen zu
einer Fortsetzung des Krieges zu diskutieren und nicht dem Krieg das Wort zu reden. Wir
rufen alle Mitglieder und Freunde unserer Vereinigungen auf, sich an den Protesten gegen
den Krieg, gegen den Einsatz der Bundeswehr und für eine zivile politische
Konfliktlösung zu beteiligen.
Hannover/Berlin, den 30. März 1999
Für die Vereinigung der Verfolgten des Nazireginies -
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten in der (VVN-BdA): Peter Christian Walther,
Bundessprecher. Für den Interessenverband ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen
Widerstand, Verfolgter des Naziregimes und Hinterbliebener (IVVdN): Fred Dellheim,
Vorsitzender. Für den Bund der Antifaschisten (BdA): Heinrich Fink, Vorsitzender |