Karl Müller´s Homepage
Texte zur Kritik Rrrevolution !!!
You say you want a revolution
Mögen sie für die "taz" oder für die FAU-Anarchosyndikalisten in der "direkten aktion" oder für die "metall" schreiben - es herrscht ein merkwürdiger Konsens in Sachen DDR und der heißt: Es habe eine Revolution stattgefunden.
Well, you know, We all want to change the world
You teil me that's evolution
Well, you know, We all change the world
But when you talk about destruction
Don't you know, you can count me out
Beatles 1968Ja, da wird mal wieder die Erscheinungsebene für das Wesen gehalten. Nicht daß es schlecht wäre, wenn Menschenmassen eine Regierung in Frage stellen und somit ein Austausch des politischen Personals incl. geänderter Verkehrsformen erzwingen; aber setzt nicht die Verwendung des Begriffs "Revolution" den Begriff Klasse voraus? SPDIer brauchen sich bekanntlich nicht in solche theoretischen Unkosten stürzen, wenn sie das eigene Volk einseifen. Und für die FAU gilt dies offensichtlich auch. Wobei hier angemerkt werden muß, daß nicht das Volk sondern ihre schmale Anhängerschar geseift wird. Den theoretischen Sozialdemokratismus - neudeutsch Systemtheorie - den teilt die FAU bedauerlicherweise mit zahlreichen anderen selbsternannten westdeutschen und westberliner Revolutionären.
Bereits 1967 verwies die maoistische Spartakusgruppe in der verbotenen KPD auf die Existenz einer neuen Klasse in der DDR und geißelte in ihren Flugschriften den Luxus von Wandlitz. Im darauffolgenden Jahrzehnt war es unter MLern Usus, in der DDR eine Gesellschaft zu sehen, in deren oberem Teil eine neue Klasse - hervorgegangen aus der SED und den ihr assoziierten Intellektuellen - thront. Das war zwar alles recht polemisch und wenig analytisch und desöfteren aus albanischen oder chinesischen Quellen abgeschrieben. Aber es gab auch eigenständige Arbeiten. Hier sei nur an die Untersuchung von Uwe Wagner "Vom Kollektiv zur Konkurrenz" (1974) und an die von Philipp Neumann "Zurück zum Profit" (1974) erinnert.
Indem heute ohne Bezugnahme auf die DDR-Klassenstrukturen und ohne Parteilichkeit fürs DDR-Proletariat den "linken" Textern die "richtigen" Einsichten nur so aus dem Schreibautomaten fließen, schimmert die Surrogatfunktion der aktuellen DDR-Entwicklung für das Ausbleiben der Massenbewegungen im eigenen Land mehr als deutlich durch. Für Lenin bedeutete gesellschaftlicher Fortschritt: "Der ganze wachsende Reichtum, der sich aus der vereinigten Arbeit einer großen Zahl von Arbeitern oder aus Produktionsverbesserungen ergibt, kommt der Kapitalistenklasse zugute... Deshalb gibt es nur ein Mittel, um der Ausbeutung der Arbeit durch das Kapital ein Ende zu machen: das Privateigentum an Arbeitsinstrumenten abzuschaffen....Dazu aber muß die politische Macht, d.h. die Macht, die den Staat lenkt-.in die Hände der Arbeiterklasse übergehen." (LW2/100f) Wenn es stimmt, daß in der DDR eine neue Klasse das DDR-Proletariat saugt, dann behielte Lenin um so mehr recht. Und dann reicht es bei weitem nicht aus, bürgerliche Verkehrsformen für (Staats) kapitalistische Strukturen zu fordern. Pervers wird es allerdings, wenn Westlinke hierin die historische Erfüllung für das sehen, was in der Linken gemeinhin -gestützt auf den wissenschaftlichen Sozialismus - als Fortschritt bezeichnet wird.
Doch die Aussichten sind düster. Denn für die Westlinke (Und wo ist eigentlich die Ostlinke?) reicht offensichtlich der Revolutionsbegriff der Beatles als theoretisches Fundament völlig aus, um sich unter den DDR-Oppo-Gruppen politisch zu tummeln bzw. ihnen kluge Ratschläge aus "sozialistischer" Sicht zu verabreichen.
westberliner info 4/89 v. 27,12,1989