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ARBEIT < = > FAULHEIT

Der Begriff >>ARBEIT<< ist bei mir, als ein neuerdings zeitweiliges Mitglied der Arbeiter-Innen-Bewegung verbunden mit "ackern; ma-lochen; entfremdete Arbeit". Solche Arbeit ist mir ein Gruseln. "Zeit ist Geld" und ständig hatte ich den Vorarbeiter oder Meister hinter mir, als ich noch bei AEG malochte. Heute in einer Elektrobude merke ich erneut den Zeit-druck! Wie groß ist die Wohnung? Wieviel Zim-mer? Aha, in zwei, drei spätestens vier Tagen muß es beendet sein! Und schon geht es ab zu zweit. Der eine bohrt die Löcher für die Steckdosen und Schalter und der andere nimmt die Schlitzfräse und legt los. Der Roboter als Mensch verkleidet spult sein Tageswerk ab.

"ackern" - woher kommt der Begriff ??

Das Interesse für Arbeit ergab sich aus dem oben beschriebenen. Und siehe da, ein Blick in den neuen Graswurzel-Kalender `97 machte mir einiges klar.

Die Ursprünge des Wortes >>Arbeit<< gehen zurück auf das lateinische >>arvum/ arva<<, was so viel bedeutet wie >>gepflügter Acker<< und auf das germanische >>arba<< der Knecht. Auch das französische >>travail<< lei-tet sich her von einem Begriff aus der Landwirtschaft: >>tripalium<< - Der Dreipfahl, eine Vorrichtung zum Bändigen von Pferden, >>tri-palare<< bedeutet soviel wie >>quälen<<. Das russische Wort für Arbeit, >>Rabot<<, leitet sich her von >>rab<<, der Sklave.

Also die Sprache verät schon einiges ! >>ARBEIT<< mittelhochdeutsch: >>arebeit<<: Mühsal, not. Zugleich ist die Arbeit im Kontext der protestantischen Ethik zu jenem Teil menschlichen Tuns geworden, der - mit einer Art von Heiligen-schein umwölbt - den Bereich ethischer Pflicht erfüllung und des verantwortlichen Handelns bildet.

Die zunehmende Achtung der Arbeit war verbunden mit einer Achtung der Muße und der Faulheit, Nützlichkeit, Vermehrung der Güter und vor allem die Ausbeutung und Beherrschung der Natur und der Menschen selbst sowie deren Disziplinierung werden zu Sinnbildern einer >>einzig auf Arbeit abgestellten Welt<<<. ( Hannah Arendt Vita Activa oder Vom tätigen Leben, 3.Kapitel: Die Arbeit München 1981 )

"Sklavenhändler hast du Arbeit für mich? "

Der Ton - Steine - Scherben-Song hatte eine Vorgeschichte. Seit dem 17. Jahrhundert gab es Arbeitshäuser, in denen diejenigen , die sich einer geregelten und disziplinierenden Ar-beit verweigerten, eingesperrt und zur Arbeit angehalten wurden.

>>Denn das Leben und die Zeit des Menschen sind nicht von Natur aus Arbeit, sie sind: Lust, Unstetigkeit, Fest, Ruhe, Bedürfnis-se, Zufälle, Begierden, Gewalttätigkeiten, Räu-bereien etc. Und diese ganz explosive, augenblickhafte und dikontinuierliche Energie muß das Kapital in kontinuierliche und fortlau-fend auf dem Markt angebotene Arbeitskraft transformieren. (Michael Foucault).

So wurden früher die Menschen mit Gewalt zur Arbeit gebracht - so geschieht es hier in "unseren nördlichen Regionen" mit KONSUM!!

"Willst du einen tollen BMW fahren - so mußt du fünf Jahre >ackern< gehen!!!!!

Doch schon zu seiner Zeit schrieb Kropotkin: "Das Recht auf Wohlstand hat die Sozialrevo-lution zum Ziel; das Recht auf Arbeit meint bestenfalls ein industrielles Bagno [Zuchthaus](Quelle: Die Eroberung des Brotes)

Das Recht auf Faulheit

Auszüge aus dem Buch von Paul Lafargue, dem Schwiegersohn von Karl Marx - Zwischen-überschriften vom Autor:

Ihr Ideal (des Kapitalismus) besteht darin, die Bedürfnisse des Produzenten [ d. h. des wirk-lich Produzierenden] auf das geringste Minimum zu reduzieren, seine Genüsse und seine Leidenschaften zu ersticken und ihn zur Rolle einer Maschine zu verurteilen, aus der man ohne Rast und ohne Dank Arbeit nach Be-lieben herausschindet.( 6 ).

Die modernen Werkstätten sind ideale Zucht-häuser geworden, in welche man die Arbeitermassen einsperrt, und in denen man nicht nur die Männer, sondern auch die Frauen und Kinder zu zwölf- und vierzehnstün-diger Zwangsarbeit verdammt. ( 16 )

> Die Arbeits - Sucht <

... hatte der Minotaurus, die kapitalistische Fa-brik, bereits das Land erobert; in seinem Heißhunger nach menschlicher Arbeit hatte er die Arbeiter aus ihrem Heim gerissen, um sie besser zu schinden, ihnen besser die Arbeit, die sie enthielten, auspressen zu können. Zu Tausenden liefen die Arbeiter dem Pfeifen der Maschinen nach. (21 )

O über diese jämmerliche Fehlgeburt der revo-lutionären Prinzipien der Bourgeoisie, über die kläglichen Geschenke ihres Götzen Fortschritt! (24)

Je mehr sich die Maschine vervollkommnet und mit beständig verbesserter Schnelligkeit und Sicherheit die menschliche Arbeit verdrängt, verdoppelt der Arbeiter, anstatt seine Ruhe entsprechend zu vermehren, noch seine Anstrengung, als wolle er mit den Maschinen wetteifern. (35 )

> Muße und Faulheit - ein Muß <

Meint man aber, daß die Arbeiter, weil sie damals von sieben Tagen der Woche nur fünf arbeiteten, nur von Luft und Wasser gelebt hä-tten, wie die verlogenen Nationalökonomen uns vorerzählen? Geht doch! Sie hatten Mußezeit, um die irdischen Freuden zu kosten, um der Liebe zu pflegen und Possen zu treiben, und vergnägt zu Ehren des großen Gottes der Nichtstuerei Tafel zu halten. (36)

Und doch, trotz aller Überproduktion, trotz Warenfälschung überfluten die Arbeiter in immer wachsender Menge den Markt und rufen Flehentlich: Arbeit! Arbeit! Ihre übergroße Zahl sollte sie veranlassen, ihre Leidenschaft zu zügeln - statt dessen treibt sie sie bis zur Raserei. ( 50 )

>Drei Stunden genügen vollkommen <

Wenn die Arbeiterklasse sich das Laster, welches sie beherrscht und ihre Natur herab-würdigt, gründlich aus dem Kopf schlagen und sich in ihrer furchbaren Kraft erheben wird; nicht um die famosen "Menschenrechte" zu verlangen, die nur die Rechte der kapitalistischen Ausbeutung sind, nicht um das "Recht auf Arbeit" zu proklamieren, das nur das Recht auf Elend ist, sondern um ein eher-nes Gesetz zu schmieden, das jedermann ver-bietet, mehr als drei Stunden pro Tag zu arbei-ten, so wird die alte Erde zitternd vor Wonne, in ihrem Inneren eine neue Welt sich regen Fühlen. ( 64/ 65 )

> Die Maschine als Erlöser? <

Sie (die Arbeiter) begreifen noch nicht, daß die Maschine der Erlöser der Menschheit ist, der Gott, der den Menschen von den "sordidae artes" und der Lohnarbeit loskaufen, der Gott, der ihnen Muße und Freiheit bringen wird (73)

Quelle: Verlag Monte Verita, Edition Kalter Schweiss 1988

Angst vor der Arbeitslosigkeit?

Angesichts der offiziell über vier Millionen Arbeitslosen und damit Höchststand seit den berüchtigten 30er Anfangsjahre ist die Frage nach einer anderen Lösung noch in vager Aussicht. Der "Realsozialismus" ist zusammengebrochen und selbst seine Arbeits

welt, man/frau denke nur acht Stunden in Bitt-erfeld, welch treffender Name, konnte auch nicht die Alternative sein. Hinzu kommt heute das die Neo-Nazis erneut versuchen, ähnlich der Front National in Frankreich, die Soziale Frage zu "beantworten"! Mit welchem Resultat wissen wir.

Eine Gefahr der Arbeitslosigkeit

Arbeitslosigkeit, der Traum vom Schlaraffenland, könnte sich erfüllen - und nie war er so gefährlich, wie eben jetzt - Man kann keine Krise mehr riskieren -sie würde- von allem anderen abgesehen - beweisen, wie wenig Arbeit man braucht.

Quelle: Max Horkheimer Gesammelte Schriften Band 14 Nachgelassene Schriften 1949 - 1972 Fischer TB 1988 Seite 48

In der Anarcha/o-Szene hat sich zu dieser Frage erneut einer auf den Hosenboden gesetzt und altes wie neues in die Öffentlich-keit zu "tragen". Ich spreche bewußt nicht vom "Missionieren". Hier aber ist spannend mit welch "simplen Rechengängen" nachgewiesen wird das es in unserer Zeit nur noch einer %-Stunden-Woche bedarf verbunden mit Prinzi-pien einer herrschaftsfreien Gesellschaft.

Einige Auszüge mögen einen Einblick geben um gewißermaßen "Licht am Ende des Tunnels nach dem Kollaps der Moderne zu sichten". Eventuell soll der Schreiberling nach Berlin zu einer Veranstaltung "gewonnen" wer-den

Von der Überproduktion zur Bedürfniswirtschaft

Unser Ziel ist, die schon vorhandene Überproduktion so weit auszudehnen, daß es innerhalb unserer Gesellschaft zu einer totalen Güterübersättigung und materiellen Bedürfnisbefriedigung kommt. Die Folge ist, daß Geld und Tauschhandel überflüssig werden, weil sich jeder einzelne nach seinen Bedürf-nissen befriedigen kann und somit der Bedarf der Gesellschaft an Geld oder Taushhandel zur Güterverteilung völlig entfällt, da die herge-stellten Güter an öffentliche Sammelplätze geliefert werden.( 16 )

Kapitalistische Marktwirtschaft ade!

Doch die Technik ist in der Zwischenzeit so weit verfeinert und fortentwickelt worden, daß sie die alten Gesetze der Marktwirtschaft von Angebot und Nachfrage völlig aus den Angeln hebt. Heute ist nur noch ein Bruchteil der Be-völkerung mit der Herstellung der Güter beschäftigt, die wir für unser Leben in Luxus und Wohlstand benötigen, so daß das markt-wirtschaftliche Preisregulierungsgesetz von Angebot und Nachfrage völlig unbrauchbar und überaltert ist. Eine weitere Beibehaltung dieser Marktwirtschaft behindert heute den weiteren geistigen und materiellen Fortschritt der Menschheit, da wir schon seit langem völlig nach unseren Bedürfnissen produzieren und somit alle nach unseren materiellen Wünschen und Bedürfnissen leben können. (18 - 19 )

Das Prekäre an der Arbeitslosigkeit

.., sondern daß sie sogar eigens von der Gesellschaft für ihre Aufgabe, nichts zu tun, damit es nicht zu einer Überproduktion kommt, und speziell dafür werden sie bezahlt! ( 20 )

Wobei wie im GWR-Kalender steht schon der Philosoph Schopenhauer lieber einen Schoppen mehr trank statt die Umwelt...

Das Maß der Arbeit-Ende der Geldwirtschaft

Erst die Überproduktion und die totale Bedürf-nisbefriedigung sowie eine zielgerichtete Pro-duktion nach den Bedürfnissen der Menschen ermöglichen den Wegfall des Geldes und des Tauschhandels. Denn erst mit dem Wegfall des Geldes und des Tauschandels durch die totale Produktion auf die Bedürfnisse der Menschen hin schaffen wir die Grundvoraus-setzung zur größten sozialrevolutionären Ge-sellschaftsumwälzung, die die Menscheit je erlebt hat. Allein hieraus entsteht die Bereit-schaft des Menschen, sich aus der Umklammerung seines Eigentums zu lösen, weil es einfach genug gibt und kein Mangel herrscht! ( 22 )

Muß es den ein Recht auf Faulheit geben oder nimmt sich jede bzw. jeder "ganz einfach" ?

Jeder Mensch, der nchts zu tun hat, langweilt sich. Schon nach einer kurzen Zeit der Ruhe wird der Mensch unausgeglichen(...) Unsere uns angeborene RUHE- UND RASTLOSIGKEIT (das AKTIVITÄTSBEDÜRFNIS) meldet sich, und nach kurzem Verweilen sucht ein Mensch nach einer Beschäftigung, die ihn geistig und körperlich voll in Anspruch nimmt.Dieses Aktivitätsbedürfnis ist jedem Menschen angeboren und tritt sofort als eine in ihm arbeitende Ruhe- und Rastlosigkeit zutage, sobald ihm langweilig wird. Ein Mensch braucht eine Aufgabe, in der er/sie (d.A.) mit seiner geistigen und körperlichen Leistungskraft aufgeht., sonst ist er unausgeglichen. ( 93 )

Selbstverwaltung und SELBSTTÄTIG SEIN!

Je mehr die Menschen ihren persönlichen Nei-gungen nachgehen; desto mehr Wissen werden sie ansammeln und desto mehr Bil-dung werden sie sich selbsttätig erarbeiten. ( 104 )

Sklavenhändler hast du Arbeit für mich ???

Literaturliste:

Graswurzelkalender 1997 Arbeit & Faulheit

Das Recht auf Faulheit Paul Larfargue, Monte Verita Verlag, Edition Kalter Schweiss

5 - Stunden sind genug, Darwin Dante, Sammelband aus Band 1 und 3, Die 5-Stunden-Woche und Prinzipien einer herrschaftsfreien Gesellschaft, Manneck Mainhattan Verlag 22.50

Max Horkheimer Nachgelassene Schriften, 1949 - 1972 Fischer Taschenbuch 19.80,

Band 14 Reihe Hanser Peter Kropotkin > Die Eroberung des Brotes <1973 TB

Dokumentation Libertäre Tage `93, AG 19 Fünf Stunden sind genug 5.-DM


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