zurück

Löcher in der Mauer
Materialiensammlung
DDR 1989

Neue Chronik DDR
1. Folge 2. Auflage Verlag Tribüne Berlin GmbH 1990 ISBN 3730305822  
2. Folge 1. Auflage Verlag Tribüne Berlin GmbH 1990 ISBN 3-7303-0594-8

14. Oktober 1989

In den Medien der DDR wird ein breites Echo zur Erklärung des Politbüros der SED veröffentlicht. Weitere Mitglieder des Politbüros und Minister der Regierung gehen in Betriebe und suchen den Dialog. In einem Presseinterview erklärt SED-Politbüromitglied und FDGB-Vorsitzender Harry Tisch u. a.:

"( ... ) ich sage hier ganz offen, man kann mit Arbeitern über alles reden. Ich säge aber ebenso deutlich, daß das Klima gegenwärtig sehr angespannt ist, es ist ein anderes geworden. Die Stimmung unter den Kollegen hat sich verändert. Darauf müssen wir reagieren. Wenn wir das nicht tun, machen es andere. Hinzu kommt, daß viele gute und fleißige Kollegen, mit denen ich gesprochen habe, ungeduldig werden. Sie spitzen manche Probleme zu und möchten möglichst schon morgen alles gelöst sehen. Ein verständlicher Erwartungsdruck ist da entstanden. Deshalb müssen wir zwar auch zügig, aber vor allem gründlich überlegen, was wir sofort verändern können und was nicht. Wir sind in einer Lage, die Entscheidungen fordert, aber großes Verantwortungsgefühl verlangt.

(JW, 16. 10. 1989)

Nach eigenen Angaben hat das Neue Forum bislang rund 25 000 Unterschriften für seine Zulassung gesammelt. in einzelnen Fällen seien Unterschriftensammler zu Geldstrafen verurteilt worden.

Der Vorsitzende der NDPD, Prof. Dr. Heinrich Homann, erklärt gegenüber dem Parteiorgan "National-Zeitung" u. a. zur Position seiner Partei:

"( ... ) Für uns gilt: Die Deutsche Demokratische Republik ist ein Gemeinschaftswerk aller Klassen und Schichten, und die NDPD tritt dafür ein, das von der Arbeiterklasse und ihrer Partei geführte Bündnis, diesen bislang beispiellosen nationalen Zusammenschluß in Gestalt des Mehrparteiensystems, des Demokratischen Blocks, der Nationalen Front und der Volksvertretungen, zu festigen, noch effektiver zu machen. Dabei wissen wir uns eins mit allen Mitgliedern, die bei allem, was sie für den Sozialismus in unserem Lande an Gutem und Anerkanntem leisten, stets die Handschrift ihrer Partei erkennen lassen, die ihr Eigenständiges als Bereicherung für das Ganze einbringen, wozu außer Wissen und Können, der festen Verbundenheit mit unserer Partei, außer einem gesunden Selbstvertrauen auch Beherztheit und Durchsetzungswillen nötig sind. ( ... ) Von Angriffen der Feinde waren wir zu keiner Zeit geschont, aber unsere Partei war in der Härte des Kampfes in ihren Grundsätzen nie zu beugen. Eine klare Bündnishaltung vertritt sie stets ohne Wenn und Aber. Und auf den Schulterschluß aller Demokraten kommt es in dieser Zeit besonders an. ( ... )" Zu den mit neuem Anspruch auf der Tagesordnung stehenden Fragen, die einer Klärung bedürfen, zählt Homann Warenangebot, Dienstleistungen, Material- und Ersatzteilversorgung, Umweltschutz, Reisemöglichkeiten, konsequente Anwendung des Leistungsprinzips, Ausfüllen vieler ungenutzter Freiräume sozialistischer Demokratie, größere Konsequenz bei der Handhabung sozialistischer Gesetzlichkeit.

(Nat.Z. 14. 10. 1989)

nach oben