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Antiautoritärer Anspruch und Frauenemanzipation - Die Revolte in der Revolte

Teilnehmer: Sylvia Bovenschen, Sigrid Damm-Rüger und Sybille Plogstedt

Diskussionsleitung: Halina Bendkowski

Halina Bendkowski: Ihr werdet Euch wundern, denn dieses Mal sind nur Frauen vorne. Das hat wohl etwas mit dem Thema zu tun. Es ist eine Frauenveranstaltung mit Männern im Publikum, was auch Seltenheitswert hat. Vielleicht ist es beim fünfundzwanzigsten Gedenkjahr so, daß hier nur Männer sitzen und sich daran erinnern was Sie gelernt haben. Aber darauf müssen wir noch fünf Jahre warten. ... Wir haben ja kein spezielles Thema, was sicherlich auch ein Problem dieser Veranstaltung ist, und zugleich wird die Frauenbewegung auch so abgehandelt und handelt sich vielleicht auch selbst so ab. Ein Thema wird sicherlich sein, wie die einzelnen Frauen sich spezialisiert haben, wie sie sich im Rückblick selber einschätzen, ihre Aktivitäten im SDS, in der Frauenbewegung und von welchem Standpunkt aus sie heute die Frauenbewegung sehen. Ich möchte gerne noch, besonders für die Referentinnen, die bei den bisherigen Veranstaltungen dieser Veranstaltungsreihe nicht dabei waren, auf etwas zu sprechen kommen. Die erste Veranstaltung fand mit Klaus Landowski, einer der Vorstandssprecher der CDU hier in Berlin statt, Peter Glotz war leider nicht gekommen, aber Jutta Dittfurth war hier. Auf dieser Veranstaltung wurde nicht diskutiert, weil die heutige Studentenbewegung dazu aufrief den Konvent zu besetzen, weil dort über die heutige Strukturreform ohne Anwesenheit der Studenten debattiert wurde. Ich beziehe mich aus dem Grund auf Klaus Landowski, weil er in einer für uns ungewohnten Art und Weise, obwohl wir vor zwanzig Jahren auch so gesprochen haben, also ein typisches Soziologen-Deutsch, uns etwas von Entfaltungs- und Akzeptanzwerten erzählt hat und da waren sicherlich viele unter den Zuhörern erstaunt so etwas von einem CDU-Politiker zu hören. Ich habe danach in Gesprächen über diese Veranstaltung bei meinen Gesprächspartnern Verwunderung darüber gespürt, daß die CDU diese soziologische Terminologie so beherrscht, für die wir uns mittlerweile ja schon ein wenig schämen, weil uns das als ein merkwürdig dürres Deutsch erscheint. Klaus Landowski hat wie viele andere auch die Frauenbewegung gelobt, unter anderem auch Peter Glotz, der mit zusammengekniffenem Mund erzählt, daß der Patriarchalismus seinem Ende entgegen geht. Das ist fast so wie damals die Bewegungsgesetze des Kapitalismus, geht auch hier alles seinem Ende zu. Habermas hat uns ja erzählt, das wißt ihr ja, die Erfolge der Studentenbewegung sind Frau Süßmuth und die Historikerdebatte, über die wir jetzt hier aber nicht diskutieren wollen. Frau Süßmuth ist ja ein großes Problem für die Frauenbewegung. Warum, darüber wird hier sicherlich noch gesprochen werden. Auch in den Zeitungen steht es, daß wir es sind, die die Studentenbewegung überdauert haben. Das ist in sofern erstaunlich, weil die Frauenbewegung, also die Protagonisten der Frauenbewegung, die einzigen sind, die sich nicht so darüber freuen. Sie wirken nicht so glücklich, zumindest nicht so glücklich, wie die anderen Sieger, die Klaus Landowski hier repräsentiert hat. Zuerst dachte ich ja, das ist ein voluntaristischer Akt der Integration vor so einem Publikum, daß er sagt: "Wir sind die achtundsechziger, wir haben strategisch gedacht, wir haben gewonnen, weil wir die Zeichen der Zeit erkannt haben, weil wir erkannt haben, daß die Frauen eben die Entfaltungswerte repräsentiert haben und wir im Gegensatz zur SPD mit den Grünen in einen gesellschaftspolitischen Dialog getreten sind."

Zuerst dachte ich eben, es sei etwas voluntaristisches, bis ich dann einige Tage später las, daß das offensichtlich die Strategie der alternativen Achtundsechziger ist, das sind die Betonriegel der schlagenden Verbindungen, die sich in der Karl -Stiftung in Bonn getroffen haben und sich tatsächlich als die alternativen Achtundsechziger repräsentieren, bundesweit, daß sie die Sieger der achtundsechziger sind. Ich denke, weil es ja so viel Unmut gibt über die Revivals und sich niemand so gern an das erinnern möchte, möchte ich gerade deshalb hier dafür plädieren, bevor die CDU und diese Burschenschaftler sich achtundsechzig aneignen als ihr, nicht nur Thema, das sie besetzen, sondern als diejenigen die als einzige aus achtundsechzig gelernt haben, die Geduld und die Aufmerksamkeit, die Euch offensichtlich auch hier herbringt, das die älteren Achtundsechziger noch einmal auferstehen lassen zu wollen und die jüngeren wissen wollen, was damals passiert ist. Bevor ich noch auf etwas anderes zu sprechen komme, möchte ich mich zu erst einmal vorstellen, ich bin Halina Benkowski, ich bin gar nicht viel jünger als die anderen, aber ich war nicht dabei, weil ich zu der Zeit in einem katholischen Internat war und doch voller Neid auf die Aktionen geblickt habe, die damals passierten. Vielleicht bin ich auch deshalb heute noch dabei und wirke manchmal fröhlicher als diejenigen, die heute darüber zu berichten haben. Aber es liegt auch vielleicht daran, daß da, wo man dabei war, von mehr Sachen und Erfahrungen zu berichten weiß, die dann nicht so lustig subsummieren lassen, wie ich in meiner Anerkennung für diese Bewegung, die ja nicht nur mir eine Hilfe war, sondern vielen anderen auch. Deswegen gebe ich jetzt erst einmal das Wort an Sylvia Bovenschen und sie wird erst einmal etwas problematisieren.

Sylvia Bovenschen: Ich weiß nicht, ob ich das alles problematisieren kann, mir geht es zuerst um etwas, was ich mir von der Seele reden möchte. Dabei handelt es sich nur um zwei Seiten, Sie brauchen also keine Angst zu haben, es wird ganz schnell gehen. Und zwar geht es um ein Problem, das wir wahrscheinlich alle haben. Für die, die damals dabei waren, ist das diese merkwürdige Erinnerungsakrobatik, die jetzt von uns abverlangt wird, der wir uns auch beugen, möglicherweise auch beugen müssen. Ich muß gestehen, daß ich sehr ambivalente Gefühle hatte, als diese Anfrage mich erreichte, einerseits starke Fluchttendenzen und andererseits das Gefühl, daß man dazu stehen muß und das vielleicht noch einmal durchstehen muß. Ich sage dazu jetzt zwei Worte, die haben mit Feminismus und Frauenbewegung überhaupt nichts zu tun. Es geht mir zunächst nur um die Form der Erinnerung generell zu diesem ganzen Komplex achtundsechzig. Es sind, wie gesagt, nur zwei Seiten, danach werde ich mich bemühen zu erinnern und werde zu diesem Komplex oder seiner Entstehungsgeschichte möglicherweise doch noch gegen meine innere Überzeugung etwas zu sagen haben. Wir Achtundsechziger erinnern uns an '68. Als Einzelne erinnern wir eine Vergangenheit, indem wir uns an uns selbst in dieser Vergangenheit erinnern, die so, wie sie war, wohl nicht hätte gewesen sein können, wenn wir immer nur einzelne gewesen wären. Wir einzelne sind Kollektivzeugen, Augenzeugen, Ohrenzeugen, dessen, was wir selbst einmal veranstaltet haben. Als die Brüder Frank und K.D. , zwar nicht ganz einzeln, aber doch nur zu zweit, kürzlich bei einer Talkshow im Fernsehn auftauchten, ein Musiker und ein Verleger, als Zeugen ihrer eigenen und unser aller, der achtundsechziger Vergangenheit, beklagte ein Zuschauer, daß sie nichts Wesentliches unterscheide von anderen netten Leuten. Jedenfalls, das wird er gemeint haben, nicht mehr als das, was Menschen, einzelne, eben so von einander unterscheidet. Das fanden die Brüder Wolff auch, das finde ich auch. Ganz unabhängig von solchen, unvermeidlichen Enttäuschungen aber sind wir Angehörige einer Generation mit einem Zahlenedikt, mit einem Datum. Dem Datum eines Ereignisses, über dessen Bedeutung heute, zwanzig Jahre später gestritten wird. Es handelt sich um ein Ereignis in unserer Biographie, das zum historischen Datum zu werden scheint. Es handelt sich um ein historisches Datum, in das unsere Biographie, unsere biographische Ereignisgeschichte geflochten ist. Eine Frage der Betrachtungsweise.

Je nachdem, wie sich die öffentliche Meinung zu diesem Datum verhält, kann es unter der Hand zu einem Makel oder zu einem Ruhmesblatt auch unserer eigenen einzelnen Existenz werden. Zugleich ist das Ereignis auch ständigen Änderungen unterworfen. In den Gedächnisoperationen dessen, was unsere Memoiren werden könnten und hoffentlich nie werden. Nun gehört es spätestens seit der Preußschen Recherchen zu den Binsenweisheiten, daß es eine untrügliche Erkenntniswahrheit im Erinnern des eigenen Lebens nicht gibt, das sich in diese Erinnerung immer wieder anderes, Späteres, Früheres, interpretierend, organisierend und sinnstiftend einschreibt, daß also die alten persönlichen Eitelkeiten, die gegenwärtigen Eindrücke, denen wir ausgliefert sind und die auf Zukunft gerichteten Wünsche über den ursprünglichen Anlaß der Erinnerung kreativ triumphieren.

Damit läßt sich im allgemeinen gut leben. Die meisten Menschen behelligen mit den Erinnerungslegenden ihres Lebens nur einen kleinen Kreis von Vertrauten. Da wir aber Achtundsechziger sind und nicht einfach nur einzelne Angehörige einer Generation, wie beispielsweise die, die 1958 zwanzig waren, scheinen die privaten Erinnerungen ins Historische, ins historisch Objektive überführbar zu sein. Das macht uns so rechthaberisch, das macht uns so alt, das ist die Verführung, das ist die Falle. Um sich an diesen verführerischen Schein der scheinbaren Überführung ein wenig narzistisch mästen zu können, wie das einige von uns seit zwanzig Jahren tun, ist es unerläßlich, daß andere Achtundsechziger bestätigen, daß es sich bei dem, was wir erinnern, wenn das Stichwort achtundsechziig fällt, um ein allgemeines kollektives Ereignis handelte und nicht um eine subjektive Erinnerungstäuschung. Aber die Erinnerung der einzelnen Achtundsechziger drohen auseinander zu laufen, obgleich es schon zur Zeit des Ereignisses, so sagt mir meine Erinnerung, zum Programm gemacht wurde, jeder möglichen Erfahrung, die wir machten, sofort eine politische Verallgemeinerbarkeit abzuringen bis wir schließlich nur mehr verallgemeinerbare schon als Erinnerung produzierte Erfahrungen machten. Sozusagen überlieferungsfertig schleichen sich nun in unsere jetzigen Erinnerungensdarstellungen jedoch Abweichungen ein, die immerhin soweit gehen, daß ich oft, wenn die Angehörigen meiner, der achtundsechziger Generation, von dem achtundsechziger Ereignis reden, das Gefühl habe, damals auf einer ganz anderen Veranstaltung gewesen zu sein. Diese Abweichung können wir aber nur begrenzt zulassen, denn nur als Erinnerungsvorgang aufs gemeinsame Ganze, im Sinne einer Kollektivbearbeitung, bleiben wir die Achtundsechziger. Nachdem wir uns selbst zur historischen Notwendigkeit ideologisiert haben, zwingt uns jetzt die daraus resultierende Notwendigkeit einer gemeinsamen Vergegenwärtigung die Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner auf, um den Preis, daß den Erinnerungserzählungen alles Spielerische verloren geht, und das, was bei dieser Suche von dem Ereignis noch übrig bleibt, für die nicht Achtundsechziger merkwürdig blaß erscheinen muß. Wir sind die Generation, die das Ereignis verblassen läßt, wir machen es in den Befestigungsanlagen unserer Kollektiverinnerung fast unsichtbar, denn wir sind die Generation, die das Ereignis bewacht. Selbst die CDU-Achtundsechziger - ich hätte damals auch nicht gedacht, daß es so etwas einmal geben würde - haben schon Wachmannschaften ausgebildet. Vielleicht müssen wir unsere Erinnerungskompromisse bewachen, die befestigten Bilder und Symbole, um dem Ereignis die Signität der Geschichtsträchtigkeit zu sichern und zu verhindern, daß in der Urteilsbildung, zum Beispiel Jüngerer, dem Ereignis Qualitäten zu geschrieben werden, die wir biographisch zu verdauen nicht mehr in der Lage sind.

Wir sind die Generation, die ihr Erbe selber verschlingt, wir versuchen alle Beurteilungsvarianten arbeitsteilig selber zu liefern, um den Spielraum für Außeninterpretationen klein zu halten. Erst haben einige das Ereignis romantisiert und als sie damit allen anderen auf die Nerven gingen haben andere es bejammert, als niemand mehr das Gejammer ertragen konnte, haben wieder andere es denunziert. Im Moment sind wir in der Phase, ich gehöre dazu, der Selbstironisierung. Eine weitere, mehr oder weniger langweilige Methode das Ereignis zu bewachen. Wir sind die schlechtesten Zeugen eines guten Ereignisses, wir sollten uns mit den punischen Kriegen oder dem Prager Fenstersturz befassen. Wir gehen mir, gehörte ich einer anderen Generation an, in unserer Funktion als Ereignisverweser gewaltig auf die Nerven, aber selbstverständlich gehöre ich zu den Achtundsechzigern und ich werde scharf aufpassen, daß da nichts Falsches aufkommt.

Bendkowski: Aber dennoch geht es jetzt hier mit einer besonderen Form der Geschichtsklitterung oder Entmystifizierung weiter. Sigrid Damm-Rüger wird nicht nur über den Tomatenwurf etwas sagen.

Sigrid Damm-Rüger: Es ging mir ähnlich wie meiner Vorrednerin. Als ich das erste Mal hörte, daß ich hier reden und über diese Zeit damals berichten sollte, hatte ich auch starke Fluchttendenzen. Aber wie häufig in meinem Leben habe ich das in eine Vorwärtsstrategie verwandelt und mir gesagt, irgendwie muß ich mit der damaligen Zeit auch versuchen, historisch bewußt zu werden mit all den Schwächen die Sylvia gerade genannt hat. Und so habe ich mich dann der Mühe unterzogen einige einleitende Ausführungen zu dieser Zeit zu machen, und damit diese nicht zu lang werden habe ich sie auch schriftlich niedergelegt, da man sich sonst in tausend Gedanken, Vorstellungen und Anekdoten verfranzt, denn es stürmen im Laufe der Zeit eine Fülle von Erinnerungen auf einen ein.

Ich habe diese Ausführungen übertitelt: "Entmystifizierung des Tomatenwurfs!" Das hört die Halina nicht so gerne, weil sie meint, das wäre ein Glanzpunkt unserer Bewegung gewesen, aber ich glaube daß es schlecht ist, ein Ereignis, Personen oder eine ganze Bewegung zu mystifizieren. Das kann dazu führen, daß viele denken, der große einmalige Wurf bringt es, und man selber braucht nichts dazu zu tun, oder die Masse braucht nichts zu tun, und die anderen sind froh, daß es die Mystifizierung gibt. Wenn man die nämlich dann destruiert, einige führende Persönlichkeiten aus dem SDS oder aus der Studentenbewegung, dann kann man gleichzeitig die gesamten Gedanken, die gesamten Konzepte, die mit diesem Mythos verbunden sind bzw. waren, vom Sockel stürzen und damit die ganze Bewegung destruieren. Also mystifizieren ist nie gut und deshalb habe ich mich auch gegen die Mystifizierung des Tomatenwurfs und der Frauenbewegung in dieser Zeit gewandt. Ich möchte deshalb meine Ausführungen eher übertiteln: "Entstehung der neuen Frauenbewegung" oder etwas lockerer "Die neue Frauenbewegung war überfällig und die Tomaten waren überreif".

Ich möchte also darlegen, daß die neue Frauenbewegung, so wie auch die Studentenbewegung benennbare Ursachen hatte und nicht plötzlich entstand, sondern sich als Bewegung und Bewußtwerdung von Menschen entwickelte. War die Studentenbewegung die Folge eines ganzen Bündels außeruniversitärer gesellschaftlicher und inneruniversitärer Entwicklungen und Probleme, so war die neue Frauenbewegung die Folge der äußerst widersprüchlichen sozialen Lage der Frauen in der Bundesrepublik und auch der Frauen an den Hochschulen und im SDS und auch eine Folge der Studentenbewegung selbst. Nun könnte jemand kommen und fragen, wir, die wir damals die Studentenbewegung als die Frauenbewegung begonnen haben, den Aktionsrat gegründet haben, was wir mit der Lage der erwerbstätigen Frauen und Mütter in der Bundesrepublik zu tun hatten. Und dazu muß man vielleicht sagen, daß wir uns dieser Lage nicht bewußt waren, das haben wir später erst aufgearbeitet. Aber das hatten wir ja alles zum größten Teil selber schon erlebt, da unsere Mütter zum Teil erwerbstätig waren, oder daß wir selbst schon erwerbstätig gewesen waren. Viele von uns kamen ja mit der sozialen Öffnung der Universitäten Mitte der sechziger Jahre über den zweiten Bildungsweg an die Universitäten. Zum Teil mußten wir auch unser Studium durch Erwerbstätigkeit selbst finanzieren und auch unseren studentischen Männern erging es nicht anders. Wir hatten also sozusagen heftige Erfahrungen mit der sozialen Lage der erwerbstätigen Frauen und Mütter in der Gesellschaft gemacht. Wie war diese soziale Lage, welche Erfahrungen hatten wir gemacht? Etwas verallgemeinert muß man jetzt zusammenfassen: Angesichts von Wirtschaftswachstum, Beschäftigungswachstum und Mauerbau, der den Zustrom des DDR-Arbeitskräftepotentials stoppte, wurden die Frauen in den sechziger Jahren ein zunehmend wichtigeres Arbeitskräfte- und Bildungsreservoir. Insbesondere die Erwerbstätigkeit der verheirateten Frauen und der Mütter nahm ständig und stark zu. Dies schaffte Probleme, denn im krassen Mißverhältnis zu schönen Formulierungen über die ökonomische Bedeutung der erwerbstätigen Frauen und Mütter für das Wachstum der Bundesrepublik standen die überwiegend niedrigen und niedrigsten Positionen, in denen wir, in denen die Frauen insgesamt arbeiteten, der im Vergleich zu den Männern wesentlich geringere Verdienst der Frauen durch niedrige Eingruppierung ihrer Arbeit, durch gesonderte Eingruppierungen in sogenannte Frauenleichtlohngruppen, durch schlechtere Eingruppierungen und schlechteren Verdienst der Frauen bei gleicher Arbeit.

Auffallend war auch die schlechte Ausbildung der Frauen und ihre immense Doppelbelastung durch Haushalt und Kinder. Im krassen Widerspruch zur zunehmenden Bedeutung der Frauen als Arbeitskräfte stand die mangelnde gesellschaftliche Hilfestellung für die Versorgung der Kinder von erwerbstätigen Müttern und die ideologische Festlegung, die unentwegte ideologische, immer wieder erneuerte Festlegung der Frauen auf die sogenannten primären Aufgaben in Ehe und Familie. In einer Recherche stellte der SPIEGEL damals fest, daß 1967 auf 23 Kinder berufstätiger Mütter nur ein Krippenplatz entfiel, und Ähnliches galt für die Studentinnen mit Kindern. Folge dieser Zustände war, so stellten einige wenige empirische Untersuchungen fest, daß erwerbstätige, verheiratete Frauen und Mütter sich größtenteils chronisch überlastet und überfordert, übermüdet und sogar permanent erschöpft fühlten. Man sprach von Arbeitsverhältnissen wie zu Zeiten der Frühindustrialisierung.

Wie war die Lage der Frauen an den Hochschulen und im SDS? Die Ausrufung des Bildungsnotstandes Anfang der sechziger Jahre und die darauf folgende Bildungswerbungskampagne - manche erinnern sich vielleicht noch daran - brachte eine soziale Öffnung der Hochschulen und kam auch den Frauen der Bundesrepublik, also auch uns, zugute. Wie Arbeiter und Angestellte galt auch die Gruppe der Frauen bzw. Mädchen als auszuschöpfendes Bildungsreservoir. Ihr Anteil an der Studentenschaft nahm zu, aber im Widerspruch zu dieser Entwicklung stand das traditionell geringe Ansehen weiblichen Intellekts, eine unübersehbare und unüberhörbare männliche Dominanz in den Seminaren, bei den Diskussionen, sowie eine traditionelle Rollenzuweisung auch an den Universitäten. Professorinnen als ermutigende Vorbilder gab es so gut wie nicht. Es redeten und fragten öffentlich fast nur Männer, Referate hielten fast auch nur Männer, die Studentinnen gaben Hausarbeiten ab. Überdurchschnittlich viele Studentinnen brachen das Studium ab und wenn Kinder kamen, verlangsamten, unterbrachen sie oder brachen das Studium ganz ab, nicht die studentischen Väter.

Auch der SDS war ein Männerbund. Es redeten, theoretisierten und entschieden die Männer, die weiblichen Mitglieder beschränkten sich im wesentlichen aufs Zuhören und Lernen. Sofern Kinder da waren, so trugen auch die Frauen der SDSler die Last, hüteten die Kinder, während die Männer studierten, diskutierten und politisierten. Ausnahme zu dieser Linie bestätigten sicher eher die traditionelle Regel. Das waren also die Erfahrungen, die größtenteils wir, also die Frauen und Mädchen an der Hochschule von außerhalb der Hochschule mitbrachten.

Welche Rolle spielte nun die Studentenbewegung für die Entstehung der neuen Frauenbewegung? Während die Frauen der Bundesrepublik im allgemeinen ihre Auspowerung und konfliktreiche Lage akzeptierten - Wohlstand und Konsum halfen beim Zukleistern der Zusammenbrüche und Probleme -, begannen die Studentinnen, insbesondere die mit Kindern, sich gegen diese Lage zu wehren. Im Januar 1968 gründeten einige SDSlerinnen den Aktionsrat zur Befreiung der Frau.

Unverkehrbar war der Aktionsrat zur Befreiung der Frauen einerseits eine Folge, andererseits ein Teil der Studentenbewegung. Eine Folge war er insofern, als er sich an dem immensen Widerspruch zwischen tatsächlicher Lage der Frauen und Studentinnen mit Kindern und den Emanzipationsvorstellungen der Studenten entzünden mußte. Während sich an der Universität die Ereignisse beschleunigten, Befreiung von Unterdrückung und Bevormundung, Selbstbestimmung und Solidarität gefordert, ja in Teilen, Ansätzen auch schon praktiziert wurden, mußten die studentischen Mütter im wesentlichen die Ereignisse aus den Nachrichten aufnehmen, konnten an den politischen Diskussionen, Entscheidungen und Aktionen, bestenfalls sporadisch teilnehmen und auch die Studentinnen ohne Kinder bestimmten die Diskussionen und Aktionen nicht maßgeblich mit; sie nahmen daran teil, bestimmend waren aber selbstverständlich immer die Männer. Es gab Ausnahmen, aber auch die bestätigten auch nur immer die Regel. Teil der Studentenbewegung war der Aktionsrat insofern, als er im Kern die gleichen Ziele verfolgte: Emanzipation und Solidarität. Und also auch die gleichen Politikformen hatte: Politisch theoretische Arbeit wurde angestrebt, Aufklärung und Bewußtseinsbildung über die eigene Lage und gezielte spontane, schnelle Aktionen im Wechsel, gemischt mit Provokationen. Um es noch einmal anders zusammenzufassen: Die neue Frauenbewegung entstand in einer bestimmten Phase der antiautoritären Bewegung, zugleich im Widerspruch zu dieser Bewegung und als eine Konsequenz dieser Bewegung.

Ich nehme an, daß Ihr vielleicht noch einiges über die Ziele des Aktionsrates zur Befreiung der Frauenwissen möchtet. Wer könnte noch einige kleine Ausführungen dazu machen? Zur Arbeit des Aktionsrates: Knapp gefaßt, waren die Ziele des Aktionsrates zur Befreiung der Frauen die gegenseitige Hilfestellung der Frauen beim Hüten der Kinder, bei der Versorgung der Kinder, um Zeit zu gewinnen, um sich der eigenen Lage bewußt zu werden, sich revolutionärer Erziehungsmethode und Inhalte zu überlegen, also das Erziehungssystem zu reflektieren und zu verändern und die Erkenntnisse daraus, aus beidem, in die Bevölkerung zu tragen, also an die erwerbstätigen Frauen und Mütter in der Bundesrepublik heranzutragen. Das war also auch ein ausgesprochenes Ziel. Das lag damals - salopp gesprochen - im Trend der Zeit.

Sie können sich vielleicht erinnern, das war damals die Zeit der Basisgruppenarbeit. Man hatte erkannt, daß man sich nicht auf die Arbeit an der Universität beschränken darf, wenn man die Gesellschaft verändern will, daß man also die Erkenntnisse in die Bevölkerung tragen muß, wenn man die Gesellschaft verändern will. Ganz einfach! (Gelächter, Füße scharren) - Aber schwer zu realisieren. Aber der Gedankengang war einfach. Als eine kleine Gruppe von Frauen aus dem Berliner Aktionsrat im September 1968 auf der SDS-Delegiertenkonferenz auftraten, auf der berühmten 23. DK in Frankfurt (Hannover, S.L.), unter ihnen Helke Sander und ich, waren aus ihm schon etwa zehn Kinderläden hervorgegangen, weitere waren in Vorbereitung. Ein Arbeitskreis, ein politisch-theoretischer Arbeitskreis, der nannte sich »Theorie der Emanzipation« stand kurz vor der Arbeitsaufnahme mit wichtigen Themenkomplexen, wie Kritische Theorie und Emanzipation, .i.Freud, Sigmund.i. über weibliche Sexualität, die Frau als Genossin, also in der sozialistischen Literatur, und ein Plenum tagte und diskutiert» wöchentlich. Dennoch hatte Helke Sander für den Aktionsrat nur gegen zunächst erheblichen Widerstände der Berliner SDS-Genossen einen Delegiertenplatz für die Frankfurter (Hannoveraner) Delegiertenkonferenz erhalten. Der SDS hatte diese Entwicklung nicht mitbekommen. Die Widerstände der Berliner Genossen ließen uns erahnen mit welchen Reaktionen wir auf der Delegiertenkonferenz zu rechnen hatten. Man würde uns einmal reden lassen und dann zur Tagesordnung übergehen. Zunächst gab es eine Debatte darüber, ob wir reden dürften, weil wir ja das Thema nicht vorbereitet hatten, bzw. die männlichen Genossen nicht auf das Thema vorbereitet waren. Aber nach einer heißen Debatte kam es dann doch noch dazu, daß eine Abstimmung zeigte, wir sollten reden und Helke Sander hielt eine Rede. Wenn ich daraus einmal kurz zwei Passagen zitieren darf, sie sind ja doch sehr eindrucksvoll für die damalige Zeit. Also:

"Wir stellen fest, daß der SDS innerhalb seiner Organisation ein Spiegelbild gesamtgesellschaftliche Verhältnisse ist. Dabei macht man Anstrengungen alles zu vermeiden, was zur Artikulierung des Konflikts zwischen Anspruch und Wirklichkeit beitragen könnte, da diese eine Neuorientierung der SDS-Politik zur Folge haben würde. Diese Artikulierung wird durch einfache Weise vermieden, nämlich dadurch, daß man einen bestimmten Bereich des Lebens vom gesellschaftlichen abtrennt, ihn tabuisiert, indem man ihm den Namen Privatleben gibt. In dieser Tabuisierung unterscheidet sich der SDS in nichts von den Gewerkschaften und bestehenden Parteien. Diese Tabuisierung hat zur Folge, daß das spezifische Ausbeutungsverhältnis, unter dem die Frauen stehen, verdrängt wird, wodurch gewährleistet wird, daß die Männer ihre alte, durch das Patriarchat gewonnene Identität noch nicht aufgeben müssen. Man gewährt zwar den Frauen Redefreiheit, untersucht aber nicht die Ursachen, warum sie sich so schlecht bewähren, warum sie so passiv sind, warum sie zwar in der Lage sind, die Verbandspolitik mitzuvollziehen, aber nicht dazu in der Lage sind, sie auch zu bestimmen. Die Verdrängung wird komplett, wenn man auf die diejenigen Frauen verweist, die innerhalb des Verbandes eine bestimmte Position erworben haben."

Hier meinte sie zum Beispiel mich. Ich war ja damals schon Akademische Senats-Sprecherin gewesen. Also studentische Sprecherin im Akademischen Senat und in der Philosophischen Fakultät in den Jahren 1965/66.

"Es wird nicht danach gefragt, welche Versagungen ihnen das möglich gemacht haben. Es wird übersehen, daß dies nur möglich ist, durch Anpassung an ein Leistungsprinzip, unter dem ja gerade auch die Männer leiden und dessen Abschaffung das Ziel ihrer Tätigkeit ist. Die Gruppen, die am leichtesten politisierbar sind, sind die Frauen mit Kindern, bei ihnen sind die Aggressionen am stärksten und ist die Sprachlosigkeit am geringsten. Die Frauen, die heute studieren können, haben das nicht so sehr der bürgerlichen Emanzipationsbewegung zu verdanken, sondern vielmehr ökonomischen Notwendigkeiten. Wenn diese Privilegierten unter den Frauen nun Kinder bekommen, werden sie auf Verhaltensmuster zurückgeworfen, die sie meinten, dank ihrer Emanzipation schon überwunden zu haben. Diese Frauen merken spätestens wenn sie Kinder bekommen, daß ihnen all ihre Privilegien nichts nützen. Sie sind am ehesten dazu in der Lage, den Abfallhaufen des gesellschaftlichen Lebens ans Licht zu ziehen, was gleichbedeutend damit ist, den Klassenkampf auch in die Ehe zu tragen und in die Verhältnisse. Dabei übernimmt der Mann die objektive Rolle des Ausbeuters oder Klassenfeindes, die er subjektiv natürlich nicht will, da sie ihm wiederum nur aufgezwungen wird von einer Leistungsgesellschaft, die ihm ein bestimmtes Rollenverhalten auferlegt. Genossen, Eure Veranstaltungen sind unerträglich! Ihr seit voll von Hemmungen, die Ihr als Aggressionen an Genossen auslassen müßt, die etwas Dummes sagen oder etwas, was ihr schon wißt. Wir müssen diskutieren, soll hier eine Gruppe eine Nato-Kampagne und da eine Gruppe eine Bundeswehrkampagne machen oder sollen wir uns auf die gesellschaftlichen Bereiche konzentrieren, die den Angelpunkt bilden, die Machtstrukturen zu verewigen. Genossen, wenn Ihr zu dieser Diskussion, die inhaltlich geführt werden muß, nicht bereit seit, dann müssen wir allerdings feststellen, daß der SDS nichts weiter ist, als ein aufgeblasener konterrevolutionärer Hefeteig! (Gelächter, Händereiben) Die Genossinnen werden die Konsequenzen zu ziehen wissen."

Als nach dieser Rede das alte Spiel sich neu abzuzeichnen begann, der SDS-Vorsitzende Hans-Jürgen Krahl erläuterte, warum er nun wieder zur vorgegebenen Tagesordnung übergehen müßte, trafen ihn und andere Mitglieder des Delegiertenkonferenz-Vorstandes die bewußten Tomaten. Tomaten des Protests gegen die Behandlung der Genossinnen und der Frauenfrage. Im Rückblick kann man feststellen, sie waren eben eine gelungene Provokation zum richtigen Zeitpunkt und gaben der überfälligen und auch schon begonnen neuen Frauenbewegung ein kräftigen Pusch nach vorne.

Die Delegiertenkonferenz konnte nicht zur Tagesordnung übergehen, es wurde anhand einer über Nacht erstellten Resolution weiter über die Frauenproblematik diskutiert und die Delegiertenkonferenz mußte vertagt werden. Die Medien nahmen das Ereignis als Aufstand der Genossinnen gegen ihre Genossen wahr, und was dann geschah, dürfte bekannt sein. In vielen Universitätsstädten der Bundesrepublik wurden Aktions- oder Weiberräte gegründet.

Ich komme zum Schluß. In Berlin kam es schon bald zu massiven Schwierigkeiten des Aktionsrates mit den Männern. Die Männer entdeckten nämlich die Erziehung als Politikfeld. Sie dominierten dieses Politikfeld und gründeten Ende 1968 den Zentralrat der Kinderläden. Klingt ja auch gewaltig. Womit gewissermaßen die Herauslösung oder Abspaltung der Kinderladenbewegung von der Frauenbewegung besiegelt wurde. Die ersten größeren politischen Aktionen mit denen der Aktionsrat an die sogenannten nichtprivilegierten Frauen und Mädchen herantrat, war eine Aktion zum 1. Mai 1969, da wurden die erwerbstätigen Frauen und Mütter zum erstem Mal mobilisiert. So wurden Flugblätter vor den Frauenbetrieben verteilt. Und es war die Organisation eines Streiks Berliner Kindergärtnerinnen um ihre Arbeitsbedingungen - bekanntgeworden als Streik der Kreuzberger Kindergärtnerinnen - im Juni 1969. Und damit möchte ich schließen, weil ich eigentlich auch dann die Ereignisse um den Aktionsrat so intensiv nicht weiter erlebt habe. Ich habe dann eine Arbeit in einer Klinik aufnehmen müssen und habe dort dann im Krankenschwesterarbeitskreis weiter frauenpolitisch gearbeitet. (Beifall, Jubelrufe)

Bendkowski: Jetzt hat also Sigrid Damm-Rüger den damaligen Tomatenwurf entmystifiziert - gegen meine Absicht, aber das ist ja notwendig gewesen. Das stieß wohl auf ein historisches Interesse von Euch. Dies ist auch von Nöten, wie man hört, aber die Mühen dieser Ebene hört man ja nicht immer allzu gerne. Ich höre lieber die mystischen Höhepunkte, aber darum gehts jetzt wieder auch nicht. Sybille Plogstedt kenne ich aus dem Weiberrat und Sybille Plogstedt hat sich oft die Finger verbrannt. Und darüber sollte sie jetzt selber berichten.

Sybille Plogstedt: Also im SDS habe ich sie mir seinerzeit verbrannt, weil ich mich für die Frauenthemen überhaupt nicht interessiert habe. Ab und zu kamen ein paar Frauen zum Kurfürstendamm, dort wo der SDS war, Ecke Joachim-Friedrich-Straße, an mir vorbei, guckten böse und sagten flüsternd, das ist ein Mittelstandsneger. (Gekicher) Die hat sich angepaßt. Neben mir hatte noch eine von uns damals dieses Attribut, Ines Lehmann, vielleicht erinnern sich auch einige an sie aus der Studentenbewegung. Sie hat ja über viele Jahre aktiv in diesen Räumen oder in den Nebenräumen das AudiMax versucht, Männer und Frauen zu mobilisieren, und ich glaube, sie hat das Schicksal von vielen auch aus dieser Bewegung, auch vieler Frauen aus dieser Bewegung geteilt, daß sie durch diese Tätigkeit des Mobilisierens tatsächlich irgendwann ganz aus diesem System herausgebrochen ist, daß sie durch die Berufsverbote ihren Beruf verloren hat. Und das ist zumindest der letzte Stand, den ich dann hatte, daß sie wie viele heute Jüngere dann eben Taxi fuhr.

Ich habe immer das Gefühl, daß der Titel "Antiautoritärer Anspruch und Frauenrevolte" eigentlich ein ganz falscher für diese Zeit ist. Es wurde zwar damals immer von den Rechten dem SDS unterstellt, er sei autoritär und elitär, ich denke heute, daß wir es waren und sein mußten. Ich kenne jedenfalls viele Äußerungen von uns aus dieser Zeit, wo wir uns als SDSler und als SDSlerinnen besser fühlten, als die übrigen, klüger fühlten, als die übrigen, in einer Naivität, in der wir uns alles erlauben konnten, uns abzugrenzen und letztendlich dies taten, um überhaupt so etwas wie ein kollektives Bewußtsein zu schaffen gegen den Mief der sechziger Jahre, der längst alle Hoffnung des Aufbruchs aus dem Beginn dieser Republik begraben hatte und in seinem Wohlstandsmühl auch irgendwo steckengeblieben war. Insofern war das autoritäre, was in der Bewegung gesteckt hat, wenn man sich heute Reden von Rudi Dutschke wieder ansieht, glaube ich, wird das klar, daß das nicht etwas Antiautoritäres ist, wie wir es heute begreifen. Also nicht ein Abbau von Autorität, sondern eigentlich ein ganz bewußtes Einsetzen und auch sich Stärken für ein neues Ziel.

Von daher gehörte der SDS einfach in eine andere Richtung, auch von seinen Strukturen her. Er hatte ja nie versucht, die Verbandsstrukturen, die inneren Hierarchien abzubauen, da waren die Frauen die ersten, die diese überhaupt in Frage stellten. Zu der berühmten Veranstaltung, auf die Sigrid vorhin zurückam, ich wurde damals von Udo Knapp, heute bei den GRÜNEN, angesprochen und gebeten die Gegenrede zum Tomatenwurf zu halten. So trifft man sich dann heute hier wieder. (Gelächter)

Für mich ist das Jahr 1968 übrigends auf keinen Fall das zentrale in dieser Zeit, es ist für mich eher zentral etwa aufgrund des persönlichen Erlebens in der CSSR, wo ich den Einmarsch der sowjetischen Truppen gesehen habe. Die ersten Steine, Entschuldigung, das kommt noch. (Gelächter, Beifall, Oh-Oh-Zurufe) Von daher sind noch ganz andere Dimensionen von gesellschaftlichen Hoffnungen in Frage gestellt worden. Auch Formen des Widerstands sind entwickelt worden, von den wir damals eigentlich nur träumen konnten. Eine ganze Stadt, ein ganzes Land, das die Hausschilder abmontiert, das die Lautsprecher in den Straßen, die immer noch für eine Propaganda da waren, zerschneidet, das versucht, mit jedem einzelnen sowjetischen Soldaten auf dem Panzer zu diskutieren, das war für mich jedenfalls im nachhinein wesentlich eindrücklicher als die Büroarbeit, die ich in der Vorbereitung des Vietnamkongresses gemacht habe. Auch wenn dieser Kongreß in der Geschichte der Linken hier letztendlich eine große Rolle gespielt hat und die Demonstrationen und auch die brennenden Springerautos ein paar Monate später. Die brennenden sowjetischen Panzer allerdings waren an dem Punkt mehr.

Ich denke auch, daß der SDS aus einem ganz anderen Grunde heraus nicht antiautoritär war, sondern er war in einem anderen Sinne eher spontaneistisch, indem er Sachen durchbrach. Die Rede in manchen Teilen, wie Sigrid sie hier vorgetragen hat, hätte ja auch damals vorgetragen werden können, sie wäre aus einem anderen inneren Gefühl heraus gesagt worden, und sie hätte viel mehr mit den Tabuverletzungen dieser Zeit zu tun gehabt. Wir haben damals studiert an einer Universität, an der Marx an den meisten Fachbereichen nicht gelesen werden durfte, an denen es sozialistische Theoretiker nicht gab, geschweige auch nur Bücher über die Frauenbewegung, an die war damals überhaupt nicht zu denken, die konnte man ja noch Anfang der siebziger Jahre in einem kleinen Kasten mit sich herumtragen, um einen Büchertisch zu machen. Das hat sich ja alles erst sehr viel später geändert. Aber wenn etwas benannt wurde und wenn es noch so harmlos war zu dieser Zeit, dann hatte es seine Sprengkraft durch die gesellschaftlichen Verbote und diesen Mut dann aufzubringen, auch die Befürchtung, daß man selber damit ein Risiko eingeht, in einer Gesellschaft die nicht gewohnt war, Risiken einzugehen. Ich glaube, wir sind heute vielmehr trainiert, damit wir sehen, daß es Berufsverbote gibt, das Leute ins Gefängnis gegangen sind, daß es auf Demonstrationen zu Steinwürfen und was auch immer kommt. Wir haben uns in diesem Sinne eine dicke Haut zugelegt, man kann auch sagen, wir haben einen demokratischen Prozeß in Gang gebracht und die Gesellschaft geöffnet. In dieser Situation damals war all dieses nicht möglich, war all dieses neu und deshalb hat es uns auch soviel Mut gekostet, das alles in Gang zu bringen.

Daß die Frauen in dieser Zeit, und daß die Geschichte der Frauen aus dieser Zeit bis heute eigentlich nicht aufgearbeitet worden ist, oder nur sehr unzureichend aufgearbeitet worden ist, liegt, glaube ich, auch schon mit daran, daß - also ich war nicht dabei, ich sage das gleich dazu - es noch nicht der Teil der Frauenbewegung war, der später durch Aktionen von sich reden gemacht hat, Anfang der siebziger Jahre durch die Abtreibungskampange und die Jahre danach, geschweige denn diejenigen, die eigentlich das auch in einer Kontinuität betrieben hätten. Es hat nie auch nur den Versuch eines Treffens von alten SDSlerinnen gegeben, wo wir unsere eigene Geschichte hätten aufarbeiten können. Es läuft eigentlich nach wie vor etwas unter der Hand, daß wir hier mal diese Aktion, mal diese Einschätzung austauschen, daß die eine sich noch heute darüber beklagt, daß der Aktionsrat der Frauen bei den Steinwürfen am Tegelerweg nur die Kranken pflegen wollte und die anderen aber sagten, Frauen können aber auch Steine werfen. Da sind eigentlich Gefühle auch unbearbeitet an einer Stelle stehen geblieben, wie sie fast in allen anderen Teilen der Geschichte nicht geblieben sind, auch sonst in der üblichen Frauengeschichte nicht. Und nicht umsonst taucht dieses Thema SDS, zwanzig Jahre achtundsechzig, immer fast in einer Art auf, daß außer einer Veranstaltung, nur einer, alles andere Männerveranstaltungen sind, oder wenn es nur eine Veranstaltung ist, daß wir dort wieder die berühmte Alibifrau finden, die wir sonst eigentlich nur noch, sagen wir mal, bei großen Parteien oder Gewerkschaften finden, oder in hohen wissenschaftlichen Gremien an den Universitäten. Also dort, wo Frauen noch zu wenig vertreten sind.

Im SDS und in der Geschichte des SDS haben weder die Medien im nachhinein ein Interesse an den Frauen entdeckt, noch haben die Frauen selber ihr Interesse noch einmal formuliert, ihre eigene Geschichte auch darstellen zu wollen, und ich glaube, daß wir deshalb auch an dem Punkt nicht weiter sind. Eine These noch, die vielleicht dann auch in der Diskussion wichtig ist, weil sie, glaube ich, auch unser aller Verhalten über Jahrzehnte hin verändert hat, ist die Frage der sexuellen Befreiung und der immer wieder zitierte Satz »Wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment« Wenn man diesen Satz in der damaligen Zeit einmal umgedreht hätte, also »Wer zweimal mit demselben pennt ...« dann wäre am Schluß bestenfalls eine Ehefrau oder Hausfrau herausgekommen, aber ganz bestimmt keine Frau, die zum Establishment gehörte. In diesem Sinne glaube ich schon, daß dieser Anteil der Befreiung, die auch dazu geführt hat, daß so abstruse Pararaphen wie der Kuppelei-Paragraph abgeschafft wurden in der Strafrechtsreform, wo also die Eltern oder die Vermieter, wir haben ja noch viel zur Untermiete gewohnt, hätten verurteilt werden können, wenn dort nachts Herren- oder Damenbesuch kam. (Gelächter) Das aber jedenfalls hat mit Sicherheit auch in dem Wechsel der Beziehung damals zu einer Art von Beziehungslosigkeit geführt, nicht nur zu einem Aufbrechen, zu einem einmaligen Aufbrechen der festen Strukturen in den Beziehungen, sondern für viele auch zu einer Beziehungslosigkeit, die nicht so einfach dann wieder aufhebbar war. (Beifall)

Bendkowski: Ja, ich glaube unterschiedlicher als diese drei Beiträge für die Frauenbewegung kann es gar nicht gehen, aber so breit ist das eben. Ich finde auch, daß es repräsentativ war. Und ich wollte noch auf etwas hinweisen, was niemandem, auch keiner Frau aufgefallen ist. Wir müssen hier gar nicht diskutieren, denn im Gegensatz zu allen anderen Veranstaltungen, die mit einer Diskussionsleitung versehen sind, ist das hier eine Veranstaltung mit Gesprächsleitung. Also entweder, es ist wirklich die einzige Veranstaltung, die so ausgewiesen ist, man hat das bewußt so vorgeschlagen und kann sich nicht interpretieren, das können wir ja jetzt, daß wir nicht diskutieren können und nur die anderen nicht sprechen können, nur jetzt fehlt der Kuchen und der Kaffee, zumal ja auch Erdbeerzeit ist. Also wir werden aber trotzdem das Gespräch hier weiter führen. Sigrid Damm-Rüger hat, nachdem Sie die Tomaten geworfen hat, nicht mehr an den Aktionen zur Vorbereitung der Befreiung der Frau teilgenommen. Damals hat sie es sehr ernst genommen mit der Kennzeichnung und mit der Strategie. Von Sybille Plogstedt wissen wir auch, daß sie nicht von vornherein dabei war, obwohl, ich weiß nicht, ob alle von Euch schon die neue Emma gelesen haben und dort ist von unserer Cheffeministin Alice Schwarzer Sybille Plogstedt als Ex-Trotzkistin und Ex-Feministin klassifiziert worden und Ex-Courage, also sie ist ganz "ex-", und trotzdem sitzt sie jetzt hier. Ich möchte aber doch ihre Bibliographie, die ich mir vor kurzem besorgt habe - die ist auch erstaunlich - es kommt natürlich auch immer darauf an, wie man so etwas liest, was die Alice Schwarzer als Verrat liest, wo sie als einzige oben thront und die ewig währende Wahrheit als Radikalfeministin präsentiert. Sybille Plogstedt, ich lese Euch das einmal vor, hat 1968 die Dokumentation des Vietnamkongresses mit dem Titel: "Kampf des vietnamesischen Volkes und der Globalstrategie des Imperialismus" herausgegeben, 1979 ihre Doktorarbeit über die Arbeitskämpfe in der sowjetischen Industrie von 1917-1933 geschrieben. 1984, also dazwischen liegt ja jetzt die Courage, das wißt Ihr ja, erschien das Buch "Übergriffe - sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz" und 1986 "Sucht - Alkohol und Medikamente". Also das sind die Höhepunkte der letzten zwanzig Jahre, auch vielen anderen nicht unbekannt als Problem. Unser Thema ist heute ja nicht nur die schillernde Revolte, sondern der Ausbruch der Frauen und vor allem das, was sich die Frauen zum Thema gemacht haben. Deshalb möchte ich jetzt Sylvia Bovenschen, die damals doch dabei war und zwar in einem der frechsten Weiberräte, nämlich den in Frankfurt, auffordern, jetzt zu berichten.

Bovenschen: Ja, das stimmt. Ich muß vielleicht deswegen, obwohl gegen meine Überzeugung, dazu etwas sagen, weil ich doch in einigen Punkten vielleicht die Meinung von Sybille Plogstedt nicht so ganz teile. Dieser Weiberrat in Frankfurt, so glaube ich, ahnte nicht genau, was er machte. Auch wußte man nicht, was später einmal historisch einmal herausbricht und zum Signum des Ganzen wird. Was heute noch von diesem Weiberrat in Erinnerung ist, ist dieses Fluglbatt mit diesen Trophäen. (Geraschel, Zurufe) Ich meine, für mich war tatsächlich in der damaligen Zeit, wenn ich heute zurückblicke, daß erstaunlichste, was vielleicht nur mir als erstaunlich erscheint, die unglaubliche Beschleunigung, die die Dinge in dieser Zeit erfahren haben. Mir kommt es einfach vor, als wäre diese Zeit in der Zeit schneller verlaufen. Das war einfach so, daß wenn man zwei Tage einen Schnupfen hatte, hatte man das Gefühl, man ist nicht mehr auf der Höhe des Weltgeistes. (Gelächter) Das ist ein Lebensgefühl, was wir zweifelsohne damals alle hatten.

Jetzt komme ich noch einen Moment darauf, was wir strapaziös zu vermitteln suchten: Stimmungen kann man nicht sehr gut vermitteln, es sei denn künstlerisch. Ich möchte einmal kurz beschreiben, wie ich zu dieser Sache gekommen bin. Ich habe in Frankfurt Soziologie und Philosophie studiert. Was anderes konnte man da gar nicht studieren. (Aufbrausendes Gelächter) Und dies bei bekannten Personen. Ich war damals noch recht jung, als ich von einem interessanten Arbeitskreis hörte, den damals ein Junggenie mit Namen Krahl leitete. Damals bin ich dann dahin und das war irgendwie vom SDS, wovon ich auch schon etwas gehört hatte. Es ging um Hölderlin und Heine. Es war wirklich sehr interessant. (Lachen, Kichern) Irgendwann bat ich um Aufnahme in den SDS, der damals ein wirklich kleiner Verein war, einen Karteikasten und Mitgliedskarten besaß. Seinerzeit wurden Neuaufnahmen diskutiert, und einer politischen Befragung hätte ich wohl nicht standgehalten. Aber ich kam dann doch hinein, weil ich schon immer in dem Ästhektik-Arbeitskreis war und es gab auch Mitgliedsnummern.

Es ging nicht sehr viel Zeit ins Land, einige Diskussionen und kleinere Ereignisse folgten. Dieser kleine Verein hatte entweder Samstags oder Mittwochs, genau weiß ich das nicht mehr, in einem kleinen Kellersaal seine Versammlungen. Es kamen von Woche zu Woche Hunderte. Das ist für mich bis heute eigentlich das erstaunlichste. Diese Leute, die damals plötzlich alle kamen. Das waren in der Hauptseite Studenten, aber nicht nur Studenten. Sie kamen aus allen möglichen Fachbereichen und Richtungen. Mir kann keiner erzählen, daß die alle vorher Marx, Marcuse, Rosa Luxemburg und Lenin gelesen hatten. Das ist sehr schwer zu beschreiben. Solch eine gesellschaftliche oder zumindest Teile der Gesellschaft erfassende Exaltation. Genau das war es zu Teilen. Es war natürlich auch immer ein Haufen, der Theorie betrieb und der dies unendlich betrieb. Selbstverständlich gab es dort auch Autoritäten, selbstverständlich gab es dort Leute, die das Wort schwangen. Das waren tatsächlich hauptsächlich Männer. Ich erinnere mich, ich mag dabei dem einen oder anderen Unrecht tun, eigentlich nur an zwei Frauen, die in der Weise auch das Wort ergriffen, daß auch andere überhaupt zuhörten. (Gemurmel) Ansonsten waren es nur Männer. Ich erinnere mich, auch das mag ungerecht sein, aber es traf doch auf die studentischen Teile der Sache zu, daß die Frauen, die dort waren, zum großen Teil Frauen waren, die dort waren, weil ihre Freunde dort waren. Es stimmt, was gesagt wird, und ich wage es, hier meinen eigenen Erinnerungen zu trauen, daß dies diejenigen waren, die die Bratkartoffeln kochten, Fahnen nähten und Flugblätter tippten.

Wenn man diese Relationen ins Auge faßt, dann gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder Frauen sind dümmer, generell von Natur aus, oder es gibt irgendwelche Barrieren. Das ist ja immer das gleiche. Wir sind dann unter uns recht schnell zu dem Ergebnis gekommen, daß es auch in diesem Verein irgendwelche Mechanismen der Verhinderung geben muß, in dem sich alle Menschen für die Speerspitze der Avantgarde hielten. Was sie ja auch zu Teilen auch waren. Selbstverständlich verliere ich hierbei nicht aus dem Auge, welche wichtige und umwälzende Bedeutung das Ganze hatte. In meinen Augen lag dies zu Teilen auch darin, daß man eben lernte, und das war der Antiautoritarismus auch dieser Bewegung, auch aufzustehen, sei es, ob es der Professor oder ein Minister oder wer auch immer war, oder ob es eine Struktur oder ein Verein war, um zu sagen, daß man die Sache anzweifelt. Es war in den frühen sechzigern. Es ist ja auch so, daß was man unter den fünfziger Jahren versteht, hat ja eigentlich so richtig in den frühen sechzigern stattgefunden. Da war die große Nierentischzeit. Es war nicht üblich, daß haben wir dort gelernt und das war selbstverständlich und ich finde das überhaupt nicht erstaunlich, nach dem der SDS, zumal in Frankfurt, von der marxistischen Orthodoxie in sehr großen Teilen abgewichen war, haben selbstverständlich unter dem Einfluß der Kritischen Theorie, daß dieser Antiautoritarismus, wir hatten ja nun wie die meisten Autorität und Familie gelesen, oder hatte zumindest sich das klimatisch vermittelt, von der autoritären Persönlichkeit war perament die Rede, die Psychoanalyse wurde rezipiert usw. Daß dieser Antiautoritarimus, daß auf diesen Verein selber zurückschlug, hat er dann ja auch. Indem sich die Frauen zusammensetzten, auch in Frankfurt, zum Beispiel dieses Flugblatt, was damals eher aus einer Laune heraus entstanden ist, verfaßten und dann auf der Hannoverschen Delegiertenkonferenz (sic!) zuschlugen. Das erstaunliche für uns war zunächst mal, daß wir uns separieren mußten. Wir mußten uns separieren und das hatte keine große programmatische Gründe, um uns überhaupt miteinander verständigen zu können. Wir haben Männer mit Gewalt herausgetragen, um das durchsetzen zu können. Wir mußten separieren, um den Verständigungsprozeß untereinander überhaupt einleiten zu können. Das hat heute, wie ich finde, problematische Folgen in der Weise, daß die sogenannte Frauenfrage ghettoisiert wird, daß immer noch sozusagen, daß wurde hier auch schon einmal gesagt, hier an der Veranstaltungsstruktur zeichnet sich das ja auch wieder einmal ab, daß sozusagen ein kleines Partial-Interesse an dieser Frage gibt. In Wahrheit, meiner Meinung nach, verhält es sich ja eher so, oder sollte es sich so verhalten, daß alle Fragen in einer bestimmten Weise auch solche Fragen sind, die auch die Frauen betreffen und die dahingehend problematisiert werden können. Zurück zu dieser Zeit. Es gab dann einen Aufstand gegen die Autoritäten. Die sind sozusagen dann weit in ihrer Replik, soweit ich mich erinnere, weit hinter und unter ihrem eigenem theoretischem Niveau bewegt, denn immerhin hatte die Clara Zetkin ja schon scharf erkannt, daß weibliche Erwerbsarbeit in jedem Falle zusätzliche Unterdrückung und Fortschritt zugleich bedeutet. Dieses Zugleich wollte sie überhaupt nicht sehen in der feministischen Emanzipationsdiskussion. Was man auch nicht vergessen darf, ist, daß wir eigentlich auch wenig theoretische Munition hatten. Wir hatten, und da muß man ein wenig historische Phantasie bemühen, wir hatten eigentlich keinen Begriff damals davon, was heute unter dem Begriff Sexismus verhandelt wird oder von den Variantenreichtum dessen, was man Patriarchalismus nennen könnte. Das wußten wir nicht. Wir waren relativ schlecht ausgerüstet. Die marxistische Orthodoxie, vertreten durch einige Genossen des SDS, hielt uns vor, daß es sich hier bei unseren Problem allenfalls um einen Nebenwiderspruch handeln könne und kamen dann mit dem Vertröstungskonzept, was sich auch damals noch in dem wichtigen Buch der Simone de Beauvoir findet, daß wenn die Klassengegensätze aufgehoben seien, sich diese Probleme von selbst erledigen würde. Das war sozusagen das Standardargument. Der Rückgriff auf die bürgerliche Frauenbewegung war doch sehr verschüttet und vergessen und soweit es bekannt war, die klassischen Vertreterinnen wie Bäumer und Helene Lange konnten wir eigentlich auch nur nachlesen, daß der eigentliche Beruf der Frau Ehe und Mutterschaft sei und daß sie, wenn sie das nicht erreichen könne, sie doch in das Erwerbsleben eintreten könne. Es gab dann, wenn man sich ein wenig in der Theorie umgeschaut hatte, hatte man sehr schnell bemerkt, daß es dort noch einen dritten Weg gab, nämlich der durch Marx und Engels bekämpfte, als auch von der bürgerlichen Frauenbewegung stark geschmähte dritte Weg, nämlich der, der Emanzipation des Fleisches, vertreten durch die Frühsozialisten. Dieses Element verband sich dann in der Recherche die wir dann betrieben haben mit der sexpolitischen Bewegung, dieser großen Befreiung, die heute nicht mehr nur Befreiung gesehen wird, die zumindest hochambivaltent war und auf dieser Schiene sind dann ja eigentlich auch bald die Mobilisationsfaktoren der Frauenbewegung angelegt gewesen. Beispielsweise in dem, was auch Alice Schwarzer dann auch im "Kleinen Unterschied" gemacht hat. Dies ist eigentlich auch eine Schrift, die sich sehr stark sexualpolitisch auch orientiert. Da fand auch eine Diskussion statt. In diesem Kontext ist der Spruch anzusiedeln, wer zweimal mit der gleichen pennt, gehört zum Establishment. Auf den humorlos zu reagieren für eine Frau damals nicht angeraten war (Gelächter). Das war schon ein gewisser Druck, der da lastete und es war ganz wichtig, daß die Frauen sich innerhalb dieses Klimas isolierten, um sich u.a. darüber zu verständigen, welche Bedürfnisse sie in diesem Kontext möglicherweise haben. Es kamen dann ziemlich schnell die Ereignisse. Es ging, wie gesagt, alles wahnsinnig schnell. Es wurde alles im nachhinein legitimiert. Es ging auch mit dem Weiberrat ziemlich schnell. Der expandierte sehr schnell. Er kollabierte dann ebenso schnell wieder. Wir, die wir ihn gegründet haben, haben dann sehr schnell jüngeren Frauen, es gab dort einen kleinen antiautoritären Aufstand, inzwischen sehe ich diese Dinge so, daß dies alles in Ordnung ist. Das es wirklich so sein muß und sein soll. Wir wurden dann sehr stark angegriffen, weil wir auch wieder so viel redeten. Also, sozusagen, nur eine weibliche Variante, so zumindest in den Augen einiger darstellten, was sie zumindest schon von den Genossen so kannten. Und dann kollabierte der Weiberrat sehr schnell. U.a. auch weil der SDS auseinanderbrach, weil die großen Flügelkämpfe einsetzten, weil die Männer, mit denen die Frauen da drin waren, befreundet waren, in sehr unterschiedlichen Richtungen auseinandergingen und sich bekämpften. Das hat sozusagen auch diese frühe erste weibliche Solidarität überhaupt nicht mehr ausgehalten. Es kam dann etwas, was ich ganz furchtbar fand, also, das hatte ich als tiefen Verrat empfunden. Es hat sich nach diesem ersten Weiberrat in Frankfurt eine Gruppe zusammengetan, die lasen dann Marx, um genauso gut zu werden wie die Männer. Das hat auch nicht lange gedauert, dann kamen andere Dinge. Ich will jedoch hier abschließen. Aber vielleicht kann man über diese theoretisches, ist es zwar nicht nur ein theoretisches Problem, aber was mich heute schon hier interessiert, wie wir das eigentlich, oder wenn, sage ich es einmal so, wenn Sybille Plogstedt gesagt hat, die Notwendigkeit besteht, daß weiß ich gar nicht, aber wenn sie besteht, daß man diese Dinge aufarbeitet, dann wäre es schon interessant zu sehen, mit welchen Begriffen, mit welchen Kategorien wir damals überhaupt an die Sache herangegangen sind. Da bestand natürlich auch eine große Hilflosigkeit, denn ich meine eine Theorie des Feminismus hatten wir nicht. Das waren relativ diffuse Impulse. Und ich weiß beispielsweise von der Mona Steffen, mit der zusammen wir das Ding gegründet hatten, daß die heute einen vollkommen anderen Blick auf die Sache hat. Den ganz neuen Feminismus findet sie zum kotzen. Sie sagt, das war eine egalitäre Frauenrechtsbewegung und ich. (unverständlicher Einwurf) Das ist genau eben der Punkt. Mona und wir waren alle damals schon anders. Dieses politische Klima hat uns irgendwie zusammengehalten. Das darf man eben nicht verkennen. Man kann einfach heute nicht den SDS oder auch diese frühe Frauenbewegung, die noch vor 218 war, so darstellen, als hätte es sich um so etwas gehandelt wie eine homogene Gruppe. Wir waren durch diese klimatischen Bedingungen zusammengekommen. Durch diese Stimmung. Als diese brüchige Basis, auch dieser Aufbruchsstimmung nicht mehr bestand, traten die Widersprüche natürlich offen zu tage. Ich finde das vollkommen in Ordnung. Mir macht das überhaupt keine Angst.

Bendkowski: Danke schön. (Beifall) Es ist gerade schön, wie wir dich übertölpelt haben, Du dennoch einen historischen Rückblick gemacht hast. Es war ja nötig und da du nun die einzige warst oder bist, die dabei war. Ich möchte noch etwas zur Theorie des Feminismus sagen, wenn Du hier jetzt in Gegenposition zu Sybille Plogstedt gegangen bist. Es ist vielleicht gerade das gewesen, daß also, die Frauenbewegung entstand vielleicht genau darüber, daß es für sie keine Prognose gab, aber Probleme und heute sagen uns viele Frauen, sie wissen heute viel viel mehr als, es sei heute alles viel differenzierter, nur hat es nicht die Wirkung und vielleicht ist das auch das Rätsel des historischen Problems. Überhaupt möchte ich noch etwas sagen: Ein Moment der internationalen Begeisterung über all das, weil darüber auch hier schon einmal gerätselt worden ist. Dies nicht auch in ganz komplizierten Theorien, sondern vielleicht auch in der Pop-Musik oder in der Pop-Kultur, die dann ja doch eine internationale Verbindung gebracht hat, auch über sexuelle Phantasmen uns alle mehr oder weniger inspiriert haben. (Einwurf: Ich kann Pop-Musik nicht leiden!) Du kannst Pop-Musik nicht leiden, damals auch nicht? (Gelächter) Es gibt auch Minderheiten, auch in der theoretischen Nachbereitung. Es ist jetzt so: Ich weiß jetzt nicht, wie wir weiter vorgehen sollen. Es ist jetzt halb sechs. Silvia Bovenschen hat euch jetzt historisch was geboten. Was sind jetzt die Korrekturen von den Älteren oder die Nachfragen von den Jüngeren?

Heide Berndt: Bei der legendären Flugblattproduktion war ich leider nicht dabei, obwohl ich es noch am gleichen Abend, als es produziert worden war, bekommen habe. Also das tolle war eben, daß es so wahnsinnig obszön war. Daß sich die Frauen das getraut haben. Das war damals das, was reingeknallt ist. Ich sage es einmal so. Das hatte eine politische Bedeutung in dem Sinne, wie es in dem Thesenpapier zum Aktionsrat zur Befreiung der Frauen von der Helke Sander, das private ist politisch. Das politische ist privat. Die Genossen, die Männer im SDS hatten ihre politische Tätigkeit so wie ihren Beruf. Ihren Politik als Beruf verstanden. Die Frauen waren der Meinung, daß das ganze Leben irgendwie betreffen müsse. Wenn man eine Umwälzung der Verhältnisse wollte, dann müsse das dann eben alle Lebensbereiche betreffen und dürfte dann eben nicht poffig und spießig sein, wie in den Elternhäusern, denen man gerade versucht hatte zu entfliehen. Insofern denke ich war diese Kritik die radikalste innerhalb des SDS. Mona war auch schon damals ganz anders. Ich kann daran erinnern, daß in dem Kollaps in dem Weiberrat, wo so für mich die erinnerbaren Momente waren, daß man sich sehr konkret über Verhaltensweisen unterhielt, die dazu geführt haben, daß die Männer im SDS immer das große Sagen hatten. Also weibliche Bescheidenheit und Unterordnung, die ja nicht aufgezwungen waren, die auch freiwillig unterzogen wurden. Und man hat sich darüber unterhalten, warum man so etwas macht. Und das habe ich als sehr produktiv erlebt und dann kam auf einmal die 18 Thesen von Mona, die Leichtlohngruppen und solche Sachen betreffend. Wo ich dachte, daß müssen nicht wirklich wir eigentlich sagen, sondern das wissen schon Sozialdemokraten und andere Leute und da hatte ich das Gefühl, daß wie Du das schilderst, mit dem Marx lesen und sich jetzt wieder auf das Niveau der Männer begeben. Das ist aus und vorbei. Dafür sind wir nicht angetreten. Dafür haben wir nicht den Rabatz gemacht und dafür haben wir uns nicht daneben benommen, nicht schweinisch benommen und waren auch sonst nicht unartig oder so. Ich habe das, wie Du das mit dem Arbeitskreis schilderst nicht als schnöde oder Verrat empfunden. Also Weiberrat war eben die Sache ganz anders aufzäumen, wobei ich allerdings auch anders sagen muß, daß das theoretische Rüstzeug, was wir dafür hatten, also extrem mager war.

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Bendkowski: Da nicht mehr allzu viel Zeit ist, würde ich gern noch darauf kommen, wie wir hier heute Frauenpolitik verstehen. Wir befinden uns heute ja zwanzig Jahre danach. Wir leben ja immer noch und sitzen hier hoffentlich nicht als Lemuren der 68er-Zeit. Ich nehme alle drei oder alle vier von uns auch heute noch Frauenpolitik betreiben und eine ganz bestimmte Art von Frauenpolitik. Mich würde also sehr interessieren, was also Sybille dazu sagt, Silvia und ich hätte dazu auch etwas zu sagen. Ich möchte aber vorweg noch zu der Tatsache eine Bemerkung machen, daß die Frauen sich Anfangs ghettoisiert haben und sich immer noch ghettoisieren. Ich war auch ursprünglich sehr skeptisch diesem Bestreben gegenüber, aber ich muß ihnen sagen, ich habe, wenn Männer dabei waren, noch nie so einen entscheidenden Beitrag gehört von Männern gehört, daß er weitergeführt hätte. Ich finde, wenn Frauen untereinander diskutieren haben, ehrlich ihre Zurichtung auf den Tisch gelegt haben, erzählt haben, was ihnen passiert ist, wie sie zugerichtet worden sind, wie sie sich dafür schämen und wie sie den Weg nach vorne sehen und dann ist da unheimlich viel rumgekommen. Und solch einen Beitrag habe ich zwanzig Jahre lang nicht von einem Mann gehört. (Beifall) Es ist doch wirklich so, daß Männer sich als Objekte dieser ganzen Bewegung betrachten. Sie stehen der ganzen Sache wohlwollend, aber distanziert gegenüber, abwartend, was daraus sauert und es ist doch genügend darüber geschrieben worden. Sie hoffen, daß die ganze Sache irgendwie als Kelch an ihnen so vorübergehe, daß es ihren Pfründen nicht allzusehr tangiere. Das möchte einmal dazu gesagt haben. (Beifall) Es gibt eine sehr reichhaltige Selbsterfahrungsliteratur und falls die Einzelnen nicht die Gelegenheit haben, also der Zurichtung zuzusehen, zuhören zu können, dann können sie das schriftlich nachlesen. Ich würde mich im Augenblick mehr für die Frage von Sigrid interessieren. Es besteht ja offensichtlich das Bedürfnis zu fragen, was ist denn hier, was ist denn heute und was sind die Folgen. Und ich will nämlich auch sagen, kein gesellschaftlicher Lernprozeß wie die Frauenbewegung, sie hat eben soviel wenig Zustimmung bei Männern erhalten wie dieser mit den Frauen und das ist natürlich schon ein Problem. (Zurufe)

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Damm-Rüger: Um auf die Art von Frauenpolitik zu kommen, die ich meine, möchte ich drei Bereiche von Frauenpolitik unterscheiden. Aber, das sind Hauptbereiche, von denen ich alle partizipiere, von denen ich den nutzen habe. Der erste Bereich ist der, den ich als Frauenforschung bezeichnen würde, als unmittelbar frauenbewegte Arbeit. Frauenforschung, die dann umgesetzt wird in Strategien. Die darin besteht, diese Strategien wieder auf Veranstaltungen und Aktionen darzustellen. Ich würde einmal sagen, daß ist Halinas Hauptgebiet, hauptfrauenpolitische Arbeit. Der zweite Bereich, in dem man Frauenpolitik machen kann, daß ist der, der Frauenpolitik in Institutionen. Die Sybille hat bereits darüber gesprochen, über Frauenpolitik in der SPD, über ihre Arbeit im "Vorwärts". Ich selbst bin Mitglied der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr und betreibe dort, soweit ich das kräftemäßig und zeitlich vermag auch Frauenpolitik. Wir machen Veranstaltungen zur Frauenproblematik, also zur Diskriminierung, Unterdrückung und Benachteiligung von Frauen im Gewerkschaftshaus. Wir haben in unserem Betrieb eine Frauengruppe, die immer dann, wenn aktuelle Anmache oder Diskriminierung oder eine bestimmte männerbevorzugte Einstellungspolitik stattfindet oder auszumachen ist, gegen diese Politik oder gegen diese Vorgänge und Vorfälle angeht. Wir sind eine lose Gruppe, aber seit Jahren also auf Aktionen trainiert. In diesem Zusammenhang kann man vielleicht sagen, daß, was wir hier auch schon angesprochen haben, Sybille hat davon gesprochen, man muß in gewisser Weise, wenn man Frauenpolitik betreibt, dann auch, wie wir damals auch in der Studenten- und Frauenbewegung waren, mutig sein und provokativ sein. Man kann also im Betrieb mehr als man vielleicht denkt, man darf sich dann nicht erwischen lassen, man kann also auf Personalversammlungen private Dinge oder sexistische Dinge öffentlich anprangern und das wirkt schon als Provokation. Man glaube ja nicht, daß bestimmte Äußerungen von Männern im Betrieb, wenn man die öffentlich macht, daß die nicht provokant sind. Alles private oder kleine, was man öffentlich macht, wird noch heute als Wunder empfunden. Man kann auch dem Dienststellenleiter ein Päckchen schicken und zwar als Dank für seine Einstellungspolitik, die immer Männer bevorzugt. Man kann ihm also ein Päckchen schicken mit einem "Spiegel"-Artikel über die Frage, über die Lage der Frauen in der Bundesrepublik mit einer Windel und einer Binde geschmückt. Auch das ist eine Provokation, die ihn zum nachdenken bringt. Man kann ihm auch einen ganzen Beutel voller Windeln und Binden vor die Tür schütten. Auch das wird ihn zum nachdenken bringen. Man kann auch auf Personalversammlungen Sketche aufführen zur Einstellungspolitik mit den typischen Vorurteilen von Männern über Frauen und damit einiges erreichen. Das ist also der Bereich von Frauenpolitik in Institutionen, in dem ich mich bewege in der Gewerkschaft und im Betrieb. Der dritte Bereich ist ein Bereich von Frauenpolitik, von dem ich glaube, daß er schon immer Frauenpolitik war und sein sollte. Das ist die Beteiligung von Frauen in anderen Politikfeldern. Also zum Beispiel in den sozialen Bewegungen. Frauenpolitik als Friedenspolitik, der Arbeit in der Friedensbewegung, in der AKW-Bewegung, in der Vorbereitung des Gegenkongresses zum IWF. Alles das war für mich immer auch schon Frauenpolitik und ich engagiere mich in einigen dieser Fragen auch heute noch.

...

Bendkowski: Ihr hört jetzt die Schlußworte.

Plogstedt: Ich würde gerne an einem Beispiel klarmachen, wie wichtig es mir und unseren Erfahrungen war, die Institutionen an einem Punkt zu gewinnen. Das war die Gewerkschaften in der Kampagne "Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz". Ich habe über viele Jahre versucht die Frauen darauf aufmerksam zu machen, auf Veranstaltungen über Gleichstellungsstellen, über Frauengruppen und eine immense Resonanz hat das erst gebracht als sich der DGB hinter diese Kampagne gestellt hat. Auch so, daß das Thema in Betriebsversammlungen ansprechbar wurde, so daß die Frauen eigentlich auch dort Vorort erfahren, was sie in solchen Situationen machen können. Gemessen daran, wie ich mich erinnere, daß ich früher versucht habe eine Art Betriebspolitik zu machen, daß ich zwar früh um sechs Uhr morgens aufgestanden bin und irgendwo nach Wedding oder Moabit vor die Fabriken gefahren bin, ist das wirklich eine Basis, wo man an den Punkten etwas erreichen kann und ich glaube der Punkt ist, ob man die Erfahrungen macht das sich in diesen Institutionen Sachen noch verrücken lassen. Das die Frauen, in dem sie diese Sache verrücken, darüber nicht nur verrückt werden, nicht mehr verrückt werden, zunehmend weniger. Daß das ein Kampf ist, wo die Frauen sich in diesen Institutionen zunehmend verändern, ganz persönlich: Ich finde das wichtig, daß hier einmal zu sagen, weil es ja manchmal so aussieht, als ob man etwa in die SPD ginge, um Karriere zu machen. Die SPD war damals nach dem Ende der "Courage" die einzige, die mir einen Arbeitsplatz angeboten hat.

Bendkowski: Ich möchte jetzt in einem Schlußwort alles zusammenfassen, was jetzt hier vorne als Schlußwort präsentiert wurde. Es steht etwas schief, obwohl sich alle nicht denunzieren wollen, hat dies einen leicht denunziatorischen Charakter und ich als Aktivistin, die selbst noch Wert legt auf Meinungsbildung bei mir selbst und bei anderen, die noch genau in der Zwickmühle stehen. Ich bin allen Frauen dankbar, die überhaupt noch Frauenpolitik machen und von Männern dabei unterstützt werden. Auch eben als Mäzenaten, weil ich vorhin nur von Mäzenatinnen sprach. Für die Frauenpolitik braucht man Geld. Ich denke, daß überall Politik gemacht werden muß, aber das es auch Frauen geben muß, die arbeitsteilig an der Herausbildung und Problematisierung der Themen wie zum Beispiel über sexuelle Gewalt und Pornographie nachgedacht werden muß. Aber das die Frauen sich doch darin unterstützen bei allen Differenzen, sich das auch zuzugestehen ohne sich gegenseitig lächerlich zu machen und das einige ausbluten in dem etwas blöden Kampf während die anderen dann schlau dastehen. Ich hoffe, Ihr habt mich verstanden und beende damit heute die Versammlung. Das nächste Mal geht es ja weiter mit Provokation als Öffentlichkeit. Da müssen wir noch einiges lernen, auch vielleicht von Kunzelmann zum Beispiel. (Gelächter, Beifall)

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