Dokumente
zur Geschichte der westberliner BasisgruppenQuelle:
AUFBRUCH ZUM PROLETARIAT
Zwei Dokumente aus dem April 1968:
Vorbereitung des 1. Mai und der Notstandskampagne
BASISGRUPPEN DER APO: ARBEIT GEHT VORANZwischen 10 und 15 Basisgruppen haben sich in den letzten Tagen in Westberlin gebildet. In ihnen arbeiten, teilweise noch unvollkommen, Studenten, Arbeiter, Schüler und Angestellte zusammen: Mitglieder des SDS, der SPD, der Gewerkschaften, der SED und Unorganisierte. Die Mehrzahl der Gruppen hat 40 bis 50 Mitarbeiter, einige bis zu 80. Es kann mit rund 500 bis 600 Basisgruppen-Arbeitern gerechnet werden. Aus der Basisgruppe Kreuzberg erreicht uns, als Beispiel, ein Bericht: "Die Basisgruppe trifft sich in einer Etage eines Fabrikgebäudes. Die Räume wurden für die Treffen angemietet. An der Tür ein Schild: Architekturbüro - es könnte symbolisch gemeint sein. Die Gruppe ist bis tief in die Nacht hinein besetzt. Sie trifft sich mehrmals in der Woche. Bei dem letzten Meeting waren etwa 50 Leute da. Ein paar gingen vorzeitig. Ihnen mißfiel das organisatorische und politische Neben- und manchmal Durcheinander. Einer versuchte, der Versammlung ein starres Organisationsprinzip unterzujubeln. Die Gruppe wehrte sich gegen diesen Versuch - aber die Schwierigkeiten der Organisationsfrage waren damit nicht ausgeräumt. Immerhin: Es gibt jetzt vier Untergruppen: Betriebe, Gewerkschaften. Mieten und Sanierung (der Treffpunkt liegt in einem Sanierungsgebiet). Eine weitere Gruppe will sich jetzt mit der Organisation der Basisgruppe beschäftigen. Man will schließlich nach dem 1. Mai weiterarbeiten. In Kreuzberg arbeiten rund 80 Leute mit. Bisher wurden 5000 Flugblätter verteilt. Die meisten wurden selber hergestellt. Nicht alle sind gut. Bis zum l. Mai werden neue Flugblätter gemacht. Wir hoffen, sie sind besser. Die Flugblätter werden unter Mitarbeit von Betriebsarbeitern konzipiert, um die Probleme zu treffen, aber es gibt immer noch Verständigungsschwierigkeiten. " Aus Neukölln erreicht uns dieser Bericht: "In Neukölln haben wir eine Gewerbewohnung, die vom Sozialistischen Club gemietet wurde, und die jetzt Sitz der Basisgruppe ist. Es kommen regelmäßig 50 Leute zum Treffen. Wir haben ab 14 Uhr auf, damit die Bevölkerung zu uns kommt. Das tut sie auch, in starkem Umfang. Aber mit unserer Agitation und unserer Propaganda ist sie noch nicht zufrieden. Sie muß also besser werden, verständlicher. Im Schaufenster haben wir jetzt Flugblätter ausgehängt. Es bleiben viele Leute stehen, um sie zu lesen."
Berliner Extra-Dienst v. 27.4.1968Protokoll der Basisgruppensitzung vom 16.4.68 über die geplante Notstandskampagne
Am Anfang stand die Diskussion von Einwänden einiger Basisgruppenmitglieder gegen eine forcierte Notstandskampagne in den Bezirken; Einwände wie: man könne die Arbeiter mitten in der Mietagitation nicht schon wieder mit etwas Neuem konfrontieren, die Notstandsgesetze seien zur Agitation der Arbeiter zu abstrakt, es bestehe die Gefahr, daß durch die Mietagitation kaum gewonnene Vertrauen der Arbeiter durch eine ihnen fremde und uneinsichtige Argumentation gegen die Notstandsgesetze wieder zu verlieren - Einwände dieser Art zeigten die sehr dringende Notwendigkeit, gemeinsame Diskussionen aller Basisgruppenmitglieder und SDS-ler über Selbstverständnis und Ziel der Basisgruppenarbeit nach dem I. Mai.
Vorschläge der Basisgruppenversammlung für die Diskussion am Samstag, dem 18.4.68, Zentrum 16 Uhr
Nach längerer Diskussion kristallisierten sich folgende Vorschläge für die kommenden Tage heraus:
- Mitglieder der Gruppe Friedenau übernehmen es, in Flugblättern die Studenten der Berliner Hochschulen zu einer Beteiligung bzw. einem Besuch des Berliner Schülerturnfestes am 24.4., Freitag, 10 Uhr, Olympiastadion, aufzurufen. Die Organisation und Umfunktionierung des Turnfestes übernehmen die Schüler wie berichtet im wesentlichen selbst.
- Vom cirka 20.4. bis 29.4. sollen Antinotstandsflugblätter oder -zeitungen frühmorgens vor möglichst allen. Berliner Betriebenn und U-Bahnhöfen in Arbeiterbezirken verteilt werden,- dabei müssen die Basisgruppen durch mehr Studenten unterstützt, werden; die Organisation dieser Zusammenarbeit muß von den Basisgruppen mit den Asten abgesprochen werden.
- Flugblätter und/oder Zeitung sollen zu Warnstreiks in 'den Betrieben am 29.4. und zu einer für Arbeiter, Schüler und Studenten gemeinsamen Demonstration am 29.4. aufrufen.
Daraus ergeben sich folgende Diskussionpunkte:
- I. Sollen Flugblätter (möglichst nicht so zahlreich und wahllos wie zum 1.Mai) oder eine Antinotstandszeitung (Neitzke/Semler) oder beides zum Thema Notstand vor den Betrieben verteilt werden; wie kann die bisherige Agitation der Basisgruppen seit dem I.Mai (insbesondere Mietagitaion) mit der Antinotstandskampagne so verbunden werden, daß sie sich ergänzen und keine Unterbrechung der bisherigen Arbeit bedeuten.
- II. Aufruf zu Warnstreiks in den Betrieben am 29.4.?
- III. Gemeinsame Demonstration am Mittwoch, dem 29.4., wo und zu welchem Zeitpunkt (etwa nach Betriebsschluß, ca., 16 Uhr? Anmeldung ?
- IV. Aufruf an Studenten, in der kommenden Woche - insbesondere am 27., 28.und 29.4. , wenn die Unis bestreikt werden sollen -Flugblätter und Zeitungen vor den Betrieben zu verteilen (sinnvoll nur morgens zwischen 5 und 7 Uhr) Organisation und Koordination zwischen Basisgruppen und Asten?
- V. Ablauf der Unistreiks am 27., 28..und 29.4.
hektografierte Mitschrift als Zirkular für die teilnehmenden BG´s