ROTES STUDENTEN ARBEITER KINO(ROSTA)

ZUR GRÜNDUNG DES ROTEN STUDENTEN ARBEITER KINOS

Quelle: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 36 v. 24.10.1969

In der entwickelten kapitalistischen Gesellschaft hat das Kino seine Rolle als ein Hauptmanipulateur der Arbeiterklasse ausgespielt. Es wurde überrundet von einem neuen Medium, ,der television, die für die Film-, Buch- und Zeitungsmonopole (Constantin, Bertelsmann, Augstein, Springer etc. ) zu einer Schlüsselindustrie geworden ist. Auf diesem industriellen Sektor finden im Augenblick Kämpfe zwischen den Monopolen statt; bei denen sich herausstellen wird, wer für unabsehbare Zeit dieses Manipulationsmittel beherrschen wird. Kabelfernsehen, TV -Kassettenspeicher, video-recorder, die bald oder jetzt schon auf den Markt geworfen werden, zeigen, daß der neue technologische Stand der visuellen Kommunikation die kapitalistischen Informationsmonopole zwingt, wenn sie noch nicht selbst in die bürokratisch administrierten Fernsehanstalten eindringen dürfen, dieses Medium am Fernsehen vorbei technisch zu entwickeln. und es den objektiven Gesetzen der kapitalistischen Entwicklung anzupassen: nämlich die visuelle Kommunikation ist dazu geeignet, sich auf ihrer neuen technologischen Stufe (TV) als Ware enger den Lebensgewohnheiten ihrer Konsumenten anzupassen als es das Kino je vermochte.

Diesem enormen Apparat (mit seinen "Titanenkämpfen") wurde innerhalb der Linken bislang ein in seinem Anspruch puristisches Konzept ("Gegenmilieu") gegenübergestellt, das einfach den Warencharakter von linker Information. Wissen, Unterhaltung, da wo diese "vermasst" werden, ignorierte. Dieser Purismus steht schon lange im Widerspruch zur praktischen Handhabung unserer Informations-, Wissens- und Unterhaltungsmittel, zu den schriftstellernden Autoritäten, den wuchernden Raubdruckern und den "linken" Kneipiers, die nicht wissen wollen, daß sie schon lange zum Bestand des etablierten Marktes gehören.

Und wen wundert es noch, wenn der Verlag "Neue Kritik" die ILLUSTRIERTE GESCHICHTE DER DEUTSCHEN ARBEITERBEWEGUNG" für 50 Mark verkauft, dem 2-Tageslohn eines Arbeiters. Unser Beharren auf antiautocitären Prinzipien, die in der Praxis ohnehin über den Haufen geworfen wurden, hat viel zu lange politische Lösungen dieses Widerspruchs unmöglich gemacht. Das heißt Massen-(Markt-) Produktion zu Gunsten der arbeitenden Kader.

Es ist richtig, die ILLUSTRIERTE GESCHICHTE DER DEUTSCHEN ARBEITERBEWEGUNG für 50 Mark an die zu verkaufen, die nicht 2 Tage dafür arbeiten müssen, wenn dadurch gewährleistet ist, daß die Betriebsgruppen, die sie brauchen, nichts dafür bezahlen müssen. Innerhalb einer solchen Politik ist es richtig, ein rotes Kino zu machen, wenn sich herausstellt, daß auf diesem Markt gerade weil er im Sterben liegt, in der Linken, die weniger an das Fernsehen gebunden ist, ein gesteigertes Interesse an anspruchsvollen bis progressiven Filmen besteht und wenn es möglich ist, den Profit aus diesem Kino zu kontrollieren und in politische Arbeit umzusetzen.

Der Profit aus dem ROSTA-Kino soll die Arbeit und Produktion der Sozialistischen Filmkooperative über einen längeren Zeitraum finanziell stabilisieren damit a) vorhandene Filme aus eigenen und internationalen linken (Gruppen-) Produktionen vervielfältigt und arbeitenden Gruppen in Westdeutschland gezeigt werden können, b) damit in Zusammenarbeit mit den Betriebskadern Schulungsfilme hergestellt werden können, die ein notwendiges Grundpensum in kürzester Zeit vermitteln. Diese Kader werden unsere Arbeit kontrollieren.

Trotz des Konsumcharakters des ROSTA-Kinos soll der "Polit-Konsum" nicht wahllos unter die Leute gebracht werden. Durch die Einhaltung von zusammenhängenden Komplexen und Serien wird in einem langfristig geplanten Programm der Versuch gemacht, gesellschaftliche Auseinandersetzungen filmisch sichtbar zu machen, wie zum Beispiel in Filmen über den Rassenkampf gegen die Indianer, die amerikanische Großstadt, Europa nach dem II. Weltkrieg usw. und gleichzeitig mit Filmen aus dem sozialistischen Lager die Geschichte der Arbeiterbewegung zu bebildern (Lenin, Thälmann, Lied der Matrosen, Kuhle Wampe etc. . In dem Maße, wie wir zu Filmen gelangen, die unmittelbar aus den aktuellen Klassenkämpfen hervorgegangen sind (und noch in viel zu geringer Zahl existieren), kann das ROSTA-Kino zu einem Umschlagplatz für Informationen werden, die als Anschaungsmaterial für die bevorstehenden Klassenauseinandersetzungen in Westdeutschland und Westberlin von Bedeutung sind.

Der Kampf mit veralteten technischen Mitteln (Kinofilm) macht diese Mittel nicht nutzlos, weil sie veraltet sind; macht sie nicht neu, weil sie Kampfmittel für das Neue sind. Unser Kampf macht sie solange notwendig, bis die neuen technischen Mittel vom Proletariat in die Hand genommen werden, die diese Instrumente zu ihrer Befreiung verwenden.

Das Sekretariat der Sozialistischen Filmkooperative