Die Anfänge der "neuen Frauenbewegung"

PANTHERETTEN UND DIE EMANZIPATION

Interview mit weiblichen Mitgliedern der BLACK PANTHER PARTY

in: THE BLACK PANTHER, Vol. III, No 21 v. 13, 9.1969

Quelle: Rote Pressekorrespondenz Nr. 33 vom 3.10.1969

1. ZUR FRAGE GETRENNTER FRAUENORGANISATIONEN:

Ich meine, daß es wichtig ist, daß die einzelnen Frauenbefreiungsgruppen nicht in einen Topf geworfen werden. Ihre Bedeutung und ihr Wert ist abhängig davon, in welchem Ausmaß ihre Arbeit revolutionäre Ziele in diesem Land fördert. Ich meine, daß es zur Zeit die verschiedensten Arten von Organisationen gibt. Da gibt es einige, die bezeichnen den Widerspruch zwischen Männern und Frauen als einen der Hauptwidersprüche in der kapitalistischen Gesellschaft und deshalb verwandeln sie diesen Widerspruch in einen antagonistischen Widerspruch, obgleich es sich tatsächlich um einen Widerspruch im Volke handelt, Es ist nicht ein Widerspruch zwischen Feinden.

Ein Beispiel dafür ist die UFAF-Konferenz, wo es vorkommt, daß, wenn Frauen sich zusammenfinden und ein Mann hereinkommt, diese Frauen sehr aufgebracht sind und praktisch bereit sind, sich auf ihn zu sttüzen, und das nur, weil er zuhören wollte. Ich meine, daß das ein Beispiel dafür ist, wie der Kampf der Frauen seine Perspektive verliert - er wird vom Klassenkampf in diesem Land getrennt, er trennt sich vom nationalen Befreiungskampf und erhält seine einzige Bestimmung aus dem Kampf der Frauen gegen die Männer. Manchmal sagen einige von ihnen, ihr Problem stehe innerhalb eines revolutionären Zusammenhangs aber wenn alle ihre Rhetorik und ihre Praxis sich darin erschöpft, gegen die Männer gerichtet zu sein, dann ist ihr Programm nicht ein revolutionäres, sondern hindert tatsächlich die revolutionären Kräfte.

Der Widerspruch zwischen Männern und Frauen ist ein Widerspruch, der innerhalb der revolutionären Kräfte ausgefochten werden muß. Er ist nicht vergleichbar mit den Klassenwidersprüchen. Daher kommt dem Klassenkampf Priorität zu. In dem Maße, in dem die Frauenorganisationen sich nicht dem Klassenkampf oder dem nationalen Befreiungskampf zuwenden, fördern sie nicht wirklich die Befreiungsbewegung der Frauen; denn die Frauenemanzipation ist in diesem Lande nicht ohne die sozialistische Revolution zu verwirklichen, Und es bedarf der ideologischen Auseinandersetzungen für Jahrzehnte und vielleicht für Jahrhunderte, bevor der männliche Chauvinismus überwunden ist. Wenn die Frauen das nicht verstehen, werden sie nicht wirklich fähig sein, ihre besondere Unterdrückung zu überwinden.

...Die Strategie, autonome Organisationen für die Befreiung der Frauen zu haben. ist deshalb falsch, weil diese Organisationen die Befreiung der Frauen als primäre Aufgabe betrachten, während tatsächlich dem Kampf für eine sozialistische Revolution Priorität zukommt. Frauen können sich nicht durch eigene Kräfte als eine besondere Gruppe emanzipieren, sondern durch die Teilnahme in den bestehenden Organisationen, die sich aus Männern und Frauen zusammensetzen, die für die gleiche Sache kämpfen, Es ist nicht ein getrennter Kampf und die Frauenbefreiung nimmt keine Priorität ein , sondern ist tatsächlich ein Teil des allgemeinen Kampfes.

...Trotzdem meine ich, daß wir sehr vorsichtig sein müssen in der Verurteilung von Methoden, die in der Bewegung angewandt werden. Ich glaube, daß es spezielle Frauenorganisationen geben kann. Es gibt positive Dinge , die diese Gruppen tun können: zum Beispiel können sie die Frauen, die in speziellen Frauenbetrieben arbeiten, als Arbeiterklasse organisieren; und sie können Kindergärten organisieren, um die Kräfte der Frauen freizusetzen. Aber sie stehen immer vor der Gefahr, sich um sich selbst zu drehen, eine sehr kleinbürgerliche Clique zu werden. wo sie nur noch darüber reden, wie man die Kinder behandelt ...... Ich meine, daß wir als Panthers, die den Kampf der Brüder und Schwestern im Rahmen der Partei führen, den Beitrag der verschiedenen Frauenbefreiungsgruppen an ihrer Praxis messen werden

2. MÄNNLICHER UND WEIBLICHER CHAUVINISMUS

a. Männlicher Chauvinismus

Ich meine, daß es wichtig ist, daß im Zusammenhang mit diesem Kampf schwarze Männer begreifen, daß ihre Männlichkeit nicht davon abhängt, ihre Frauen zu unterdrücken; denn dies hat die bürgerliche Ideologie versucht, in den schwarzen Mann einzupflanzen und dies ist ein Teil der besonderen Unterdrückung der schwarzen Frauen. Schwarze Frauen als ein Teil der armen Bevölkerung der USA, nämlich der Arbeiterklasse, sind mehr unterdrückt. Einmal sind sie als Schwarze übermäßig unterdrückt und als Frauen sind sie sexuell unterdrückt durch die Männer im allgemeinen und durch die schwarzen Männer auch.

In diesem Zusammenhang sehen wir, daß schwarze Frauen in diesem Land besonders unterdrückt werden, und es ist daher sehr wichtig, daß schwarze Männer und Frauen verstehen, daß die Männlichkeit des schwarzen Mannes nicht von der Unterdrückung der schwarzen Frauen abhängt, vielmehr hängt seine Männlichkeit tatsächlich von seiner eigenen Stärke ab und die Stärke erhält er auch aus einer revolutionären Beziehung. Eine Beziehung ist umso fruchtbarer, wenn die Frau die andere Hälfte und nicht die schwächere ist. Sie (die Männer) haben mehr von solch einer Beziehung ebenso wie die Frauen.

b. Weiblicher Chauvinismus

Jede Organisation, die zur Befreiung der Frauen gebildet wird, hat zu beachten, daß sie nicht getrennt und für sich operieren kann. Auch die Frauen müssen verstehen, was Chauvinismus ist. Chauvinismus findet sich nicht nur bei Männern, Chauvinismus ist eine unsterbliche oder unvernünftige bzw. irrationale Liebe für das eigene Geschlecht. Und wenn eine Organisation zur Befreiung der Frauen aufgebracht wird, wenn ein Mann hereinkommt, so ist das unvernünftig und irrational. Es ist nicht dialektisch gedacht, die Frau als Frau und den Mann als Mann anzusehen, sondern man muß sie nach ihrer revolutionären Tätigkeit beurteilen. Wenn die Frauen nicht aufpassen, verfallen sie in ein Extrem und werden weibliche Chauvinisten... und vernachlässigen gänzlich den revolutionären Kampf.

3. ÜBERWINDUNG DES MÄNNLICHEN UND WEIBLICHEN CHAUVINISMUS DURCH GLEICHHEIT IM REVOLUTIONÄREN KAMPF

Ich meine, wir müssen uns darüber klar werden, daß wir den größten Erfolg durch Praxis erreichen, daß unsere Befreiung erst dann erreicht sein wird, wenn unsere Brüder einsehen, daß sie männlichen Chauvinismus nicht praktizieren dürfen, aber es ist noch wichtiger, daß die Schwestern eine bewußte Anstrengung unternehmen, sich zu erziehen und keine männlichen Positionen zu akzeptieren oder sich auf untergeordnete Positionen zu beschränken. Die Brüder können noch so viel nicht-chauvinistisch sein, aber solange wie die Schwestern nicht einsehen, daß sie eine gleiche Stellung einzunehmen oder als Revolutionäre zu handeln haben, nützt das alles nichts.