Fichter, Grune, Neitzke, Paul

Um Permanenz und Verbindlichkeit zu gewährleisten


Ein Brief vom SDS Landesverband Berlin

SDS Landesverband Berlin
1 Berlin 55, Garystr, 20
Tel. 7690 2246/2027 (Gen. Grune)
Berlin, den 20.3.1969

Genossinnen, Genossen,
nach den Osterkämpfen hat sich die linke Bewegung in zahlreiche Arbeitsgruppen, Aktionskomitees, Projektorgruppen etc. atomisiert. Diese zunächst notwendige Entwicklung, in deren Verlauf der Klassenfeind unterlaufen und attackiert wurde, brachte es mit sich, dass die in verschiedenen Arbeitsgruppen organisierten Genossen politische Erfahrungen verallgemeinerten , Teilerfahrungen für allgemeine Erfahrungen erachteten und nicht auf das Niveau der Theorie gehoben haben. Die antiautoritäre Rebellion, dergestalt nicht gefeit vor linken und rechten Abweichungen, hat Elemente der Kritik, die im Kampf'.gegen den kapitalistischen Staat und bei der Analyse der sozialistischen Länder erarbeitet wurde, zugleich gegen die Organisierung der Linken gewendet. Antiautoritarismus und Antibürokratismus gebaren Formen der Kritik, die gleichwohl aus der kleinbürgerlichen Herkunft der meisten Studenten zu erklären sind. Allgemeine Organisationsfeindlichkeit, Verdrängung der Machtfrage, Geringschätzung der Theorie als Waffe im Klassenkampf, Fetischisierung der Revolution, Unterschätzung der Organisierung der Konterterrevolution sind, verkürzt, die schädlichen Seiten, die die Bewegung zu überwinden sich anschickt. - Der SDS war in der Folge dieser Entwicklung kaum noch in der Lage, als SDS politisch zu reagieren und offensive Strategien zu entwicklen. Das Fehlen aber von verbindlichen politischen Entscheidungen und Stellungnahmen trieb die meisten Genossen, zu der richtigen Einsicht, die Atomisierung der Linken müsse auf einer höheren Ebene organisatorisch aufgehoben werden. Mit dieser grundsätzlichen Einsicht war klar, dass theoretische Arbeit und politische Praxis der bestehenden Gruppen, die politische Bedeutung des Kampfs in spezifischen gesellschaftlichen Bereichen analysiert und im einzelnen durch verbindliche Diskussionen geprüft werden müsse. Weil aus Gründen, die wir kennen, das provisorische ZK nicht in der Lage war, diese Diskussion umfassend, allseitig und perspektivenreich zu führen, haben die auf der letzten ZK-Sitzung versammelten Genossen beschlossen, eine Wochenendtagung einzuberufen, auf der im wesentlichen folgende Fragen zu klären wären:

- Schulung und Selbstschulung
- Begriff der Avantgarde
- Revolutionäre Berufspraxis und Berufsrevolutionär
- Bildung eines Zentralen Kaders im SDS.

Eine solche Diskussion bliebe politisch inhaltsleer, wenn sie nicht auf der Grundlage einer marxistischen Analyse von Politik und Oekonomie Westberlins im Zusammenhang mit der langfristig zu organisierenden Fabrikagitation gesehen wird, für welche der 1. Mai einen wichtigen Beitrag leisten kann.

Die Wochenendtagung,wird vordiskutiert am Montag, d. 24.3. 20.00 Uhr, RC. 'Termin der Wochenendtagung: Samstag/Sonntag 29./20.3. jeweils ab 15.00 Uhr RC, Wielandstr. 27.

Um Permanenz und Verbindlichkeit der Diskussion zu gewährleisten, ist notwendig:

- Jede Gruppe entsendet nicht mehr als 3 Genossen
- Diese Genossen verpflichten sich, an diesen - und evtl. noch einzuberufenden - Sitzungen teilzunehmen und die Resultate der Diskussionen in ihren Gruppen weiterzudiskutieren.

Revolution!
Fichter, Grune, Neitzke, Paul