Flugblätter der
Roten Garde Berlin

Zum Schulkampf
Zur Sozialdemokratie

Winter 1968/69


Zum Schulkampf


Bei der letzten großen Flugblattaktion an den Berliner Schulen, die eine Solidaritätsaktion mit einem Schüler war, der eben wegen Flugblattverteilens von der Schule fliegen sollte wurde einiges klar.

An manchen Schulen wurde eine Diskussion des Falles im Unterricht erzwungen, an vielen Schulen diskutierten die Schüler in den Pausen miteinander, an mehreren Schulen wurden die Flugblätter verboten. Das erste, was wir in der Schule lernen ist Lesen und Schreiben. Das heißt aber noch nicht, daß wir 10 Jahre später etwa das lesen und schreiben dürfen, was wir wollen. Offensichtlich dürfen wir nur das lesen und schreiben, was den Lehrern passt, was in ihren Schulbüchern steht und das dürfen wir dann auch denken. Wer wie Jan in der Schule was anderes liest und denkt, der soll fliegen, wer was anderes schreibt als Hausaufgaben und Klassenarbeiten, der wird bestraft. Wenn man nicht will, daß wir lesen und schreiben, was wir lesen und schreiben wollen, dann soll man uns doch besser gar nicht erst das Lesen und Schreiben beibringen. Das ist ein Rückfall in einen geistigen Analphabethismus, den wir nicht dulden werden.

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Vorderseite der
Rote Garde Berlin
Flugblätter
im Winter 1968/69
Der Schulsenator befaßt sich zur Zeit mit einer Verordnung über die Pressefreiheit und denkt sich Paragraphen aus, wie er diese Freiheit wieder einschränken kann. Es wird die Zeit kommen, wo wir nicht nur das alles lesen und schreiben, was wir lesen und schreiben wollen, sondern auch das alles nicht mehr lesen und schreiben, was wir nicht mehr lesen und schreiben wollen, weil es uns nichts nützt, weil es uns nicht weiterbringt und nur unsere Zelt vergeudet. Diesen Zustand werden wir erreichen, wenn wir uns zusammenschließen und fest und konsequent unsere Meinung an den Schulen vertreten. Wir werden dann nicht mehr auf die Verordnungen und Zugeständnisse des Systems angewiesen sein, wenn wir unsere Meinung auch in die Wirklichkeit umzusetzen bereit sind.

Das heißt nicht, daß wir nichts mehr lernen, daß wir nicht mehr zur Schule gehen. Wir werden an unsere Schulen gehen und das lernen, was wir lernen wollen und niemand wird uns daran hindern. Wir werden dazu mehr lernen müssen als jetzt und wir werden mehr tun müssen als jetzt, aber es wird das richtige sein und es kann sein, daß uns das Ganze dann Spaß macht und nicht nur den Lehrern zum Gehalt verhilft wie jetzt. Wenn wir das wollen, müssen wir jetzt schon anfangen zu lernen. Wir werden nicht nur lernen müssen, wie wir unsere eigene Schule machen werden, sondern wir werden auch lernen müssen, wie wir die alte Schule ändern. Wir müssen dazu eigene Methoden erarbeiten und können nicht darauf hoffen, daß wir das Irgendwann mal im Unterricht vorgesetzt bekommen. Wenn wir darauf warten, werden wir noch eher selbst zu Lehrern erzogen, die dann später wieder Schülern vorschreiben, was sie lesen dürfen und was nicht. Wir müssen sofort anfangen uns zu ändern, dann wird sich auch die Schule mit uns ändern. Wir müssen erkennen, wie wichtig es Ist, daß wir uns zusammenschließen, um zu diskutieren und zu lernen, um zu lesen und zu planen, wir müssen überall Studienkollektive bilden und neue Schüler-Vereinigungen gründen, nur dann haben wir Aussicht, etwas zu ändern. Die ganze Schule ist ein abstrakter theoretischer Arbeitszirkel einer ausgeklügelten geistigen Beschäftigungstherapie, verfallen wir nicht in die gleichen Fehler, wenn wir studieren, beachten wir immer die praktische Bedeutung unseres Lernens, sonst lernen wir wieder das Falsche, reden nur rum und nichts ändert sich.

Mehr als 800 Berliner Schüler haben ihre Solidarität mit einem Schüler bekundet, indem sie auch Flugblätter verteilt haben und sich in Solidaritätslisten eingetragen haben, sie riskieren damit ihre Existenz an der Schule. Wieviel werden sich solidarisieren, wenn diese 800 geflogen sind? Es wird gesagt, daß Ruhe und Ordnung gestört sei, wenn wir unsere Flugblätter verteilen. Gemeint ist, daß das System der politischen Verdummung gefährdet ist. Es scheint, als ob die "Ruhe und Ordnung" an den Schulen erst einkehren wird, wenn der letzte Schüler rausgeworfen wurde. Braucht das System diese Ruhe und Ordnung der politischen Verdummung zum Leben oder brauchen wir das System nicht mehr?

Wenn wir das erkannt haben, dann haben wir die Notwendigkeit erkannt, uns zusammenzuschließen und zu lernen, was wir nicht wissen dürfen; Die Studienkollektive, die im Moment überall wie Pilze aus dem Boden schießen, diskutieren, lesen und lernen, aber sie beachten auch den Grundsatz Mao Tse-tungs: "Lesen ist Lernen, aber die praktische Betätigung ist auch ein Lernen und zwar eine noch wichtigere Art des Lernens."

Rote Garde Berlin -Redaktionskollektiv
zu erreichen über das Schüler und Lehrlingszentrum, Lehniner Platz, Kurfürstendamm 153 oder über 6 18 39 90.


Zur Sozialdemokratie


Vor 50 Jahren wurden die Revolutionäre Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht von den Militärs ermordet.

Vor 50 Jahren hetzte die SPD ihren "Bluthund" Noske auf die Arbeiter,die sich entschlossen hatten, die Staatsmacht der Reaktion zu entreißen und sie in die eigenen Hände zu nehmen.

Vor mehr als 50 Jahren begannen die Sozialdemokraten ihr abgekartetes Spiel mit der herrschenden Klasse der Unternehmer, Grossaktionäre und Bankherren.

Damals mussten sie noch mit verdeckten Karten spielen und versteckten deshalb ihr faschistisches Handeln hinter revolutionären Phrasen. Heute hat die SPD auch diese revolutionären Phrasen über Bord geworfen und damit die Karten offen auf den Tisch gelegt. Die ehemalige "Arbeiterpartei" ist Regierungspartei geworden. Sie ist in Bonn der CDU solange in den Arsch gekrochen bis sie endlich auch mit am Drucker sitzen durfte. Sie hat solange am Sumpf der Reaktion gerochen bis sie schliesslich völlig in Ihm versunken ist. Dass heute Bonzen herrschen ist neu - sonst ist alles beim Alten geblieben.

Die Fabriken sind noch immer in Händen der Unternehmer. Die Profite, die von den Arbeitern erarbeitet werden, scheffelt noch immer eine Handvoll Unternehmer und Grosssaktlonäre. Die Ausbildung der Lehrlinge bleibt mies wie zuvor - sie werden wie eh und je ausgebeutet. Auch an dem reaktionären, bürgerlichen Bildungssystem hat sich nicht das geringste geändert.

SPD hat weder mit Arbeitern noch mit Revolution etwas zu tun - das erklärt sie inzwischen auch selbst. Sie ist eine durch und durch bürgerliche und reaktionäre Partei geworden.

Die revolutionären Phrasen, mit denen die SPD früher die Massen hinters Licht führen wollte, hat heute die SED unverändert übernommen. Sie benutzt denselben alten Trick, um im Osten das von ihnen beherrschte Volk an der Stange zu halten. Gleichzeitig verfolgt sie dort die wirklich revolutionären Marxisten-Leninisten und sperrt sie für Jahre ins Zuchthaus. Ihr Ableger, die Führung der SED und DKP im Westen, können sich im Kampf für die Interessen der Arbeiter und anderen Werktätigen kein besseres Rezept vorstellen, als von der herrschenden Klasse der Unternehmer, Grossaktioäre und Bankherren und ihren Parteien CDU, SPD, FDP ein paar Verbesserungen zu erbetteln.

Im eigenen Land - täglicher Verrat der Interessen der Volksmassen und Unterdrückung: Im Westen - Liebedienerei vor der herrschenden Klasse;

So sieht es aus mit der SED und ihren Ablegern!

Wir werden alle durch eine Klasse von Unternehmern,Grossaktionären und Bankherren beherrscht. Diese Klasse besteht zwar aus sehr Wenigen, aber sie ist gut organisiert. Sie hat einen ganzen Militärapparat. Sie hat die Polizei. Sie hat eine Justiz. Sie hat Schulen, in denen uns erzählt wird, wie schön doch alles in diesen Staat ist. Und sie hält sich Parteien, die Ihre Interessen "schützen". Die Arbeiter, Angestellten und anderen Werktätigen und wir, die Jungarbeiter, die Lehrlinge und der überwiegende Teil der Schüler, bilden die grosse Mehrheit in der Gesellschaft und werden trotzdem unterdrückt. Jeder von uns muss sich entscheiden, auf welcher Seite er steht.

Wenn wir es wirklich ernst meinen, und wir Ernst machen wollen mit dem Kampf für unsere Interessen gegen die herrschende Klasse, dann müssen wir eine revolutionäre Organisation aufbauen. Denn wenn wir einzeln kämpfen, werden wir auch einzeln geschlagen. Nur vereint sind wir stark.

Bauen wir eine revolutionäre Organisation auf!

Nehmen wir den Kampf gegen die herrschende Klasse auf und yersetzen wir Ihren Anhängern und allen Arbeiterverrätern einen kräftigen Tritt!

Kommt zur Demonstration gegen den Sozialdemokratismus am Sonnabend, den 18.1.1969, um 14.00 Uhr am U-Bahnhof Turmstrasse!

Lehrlingskollektiv der Roten Garde Berlin erreichbar über 618 39 90 von 17-19 Uhr