Kick out the jams, motherfuckers!
Underground

US-Rockmusik 1967/68

Quellen: Internet und Rocklexikon,
hrg. v. Schmidt-Joos, Siegfried und Graves, Barry,
Reinbek 1973

Als Underground wurde in den späten 60er Jahren die Musik jener US-Rockgruppen bezeichnet, deren Musik nicht von Kommerzsendern gespielt wurde. Vier der bekannstesten werden hier von der trend-Redaktion vorgestellt. Ihr Einfluß auf die weltweite Jugend- und Studentenbewegung war immens.
   
Nachtrag 8/06 aufgrund eines Leserhinweises
Country Joe and the Fish

Die Gruppe wurde 1964 in Berkeley bei San Francisco von Joe McDonald (voc, g, harm) als Folk-Ensemble gegründet. Ein Jahr später elektrifizierte sie sich und wurde zur Hausband der nordkalifornischen Studentenrebellion. Ihre Protestsongs I Feel Like I'm Fixin' To Die Rag gegen den Vietnam-Krieg, Superbird gegen das amerikanische Polit-Establishment und ihr berühmter Fish Cheer (F-U-C-K) erklangen bei nahezu allen wichtigen Demonstrationen der Campus-Jugend von der University of California in Berkeley. Die Band offerierte ein ebenso breites Spektrum von Songs: Bass Strings für Drogenkonsumenten, Section Three für die Anhänger des fernöstlichen Mystizismus, Superbird für die Neue Linke, Flying High für die Freaks, Death Sound Blues für die Bluesfans, Janis für Janis Joplin. Ihr Motto lautete:
"Wir lehnen es ab, immer die gleiche Musik zu machen, wir improvisieren. Um unsere Botschaft zu verkünden, ist uns jedes Stilmittel recht: Blues, Jazz, Raga, Ragtime und Rock. Und die Botschaft lautet: Laßt die Menschen leben. Stoppt den Hunger in den Slums, den Rassenterror in Harlem, den Krieg in Vietnam." Insofern fungierte die Gruppe als Zwischenglied zwischen Hippies und Yippies.


Berkeley 1967


Quelle und weitere Infos
http://www.musicline.de

Zur offiziellen Homepage der Gruppe

MC Five (Motor City Five) oder MC5

MC5 wurde 1964 in Detroit gegründet. Sie waren laut <Rolling Stone> "für einen kurzen und gloriosen Augenblick die aufregendste Band Amerikas", als sie 1968 beim Parteikonvent der Demokraten in der für Demonstrationen verbotenen Zone aufspielten und der Zuhörer Norman Mailer den "elektro-mechanischen Höhepunkt des Zeitalters" zu spüren glaubte.

Rob Tyner (voc, sax), Wayne Kramer (g), Fred «Sonic» Smith (g), Michael Davis (bg) und Dennis Thompson (dr) verkündeten schon vor dem Parteitag das Programm totaler Freiheit in Rock 'n' Roll, Drogenrausch und Geschlechtsverkehr auf offener Straße, wie es ihrem damaligen Manager John Sinclair, einem ehemaligen Jazzkritiker von <Down Beat>, vorschwebte. MC5 lebte in Sinclairs «Trans Love Energies»-Kommune in Ann Arbor, Michigan, Hauptquartier der sogenannten White Panther Party, mit der Sinclair die Straßenrevolution vom weißen Bürgersteig her starten wollte.

 

 

Weitere Infos
auf der MC5 Homepage


Auf ihrem ersten Album für Elektra predigte MC5 Liebe im Schützengraben des Umsturzes, sah die Motorstadt Detroit in Flammen und forderte ihr revolutionstrunkenes Teenager-Publikum auf: "Kick out the jams, motherfuckers!" Erst nachdem auf Verlangen der Plattenfirma das Wort "motherfuckers" durch "brothers and sisters" ersetzt worden war, kam das Live-Album 1969 in den Handel und wurde 100.000mal abgesetzt. Obwohl die Platten-Revolution gutes Geld brachte, trennte sich Elektra im gleichen Jahr von MC5. Die Band hatte im Anzeigenraum einiger Tageszeitungen Plattenhändler beschimpft, die ihr Album boykottierten, im Namen ihrer Firma unterschrieben und die Rechnung an Elektra geschickt. John Sinclair war kurz zuvor wegen des Besitzes von zwei Marihuanazigaretten zu neuneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. MC5 spielte in zahlreichen Benefiz-Konzerten einen erheblichen Teil der Prozeßkosten wieder ein, die aber großenteils für Propaganda-Aktionen der von ihnen nicht sonderlich geschätzten White Panthers ausgegeben wurden. Verärgert trennten sie sich von dem inhaftierten Sinclair und schlossen einen Plattenvertrag mit Atlantic. Doch das Ende ihrer Zusammenarbeit mit dem Aufrührer nahm der Gruppe viel von ihrer aggressiven Austrahlung.

 

Jefferson Airplane

Jefferson Airplane startete am 13. August 1965 im Popmusik-Lokal «Matrix» an der Fillmore Street von San Francisco und war in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre die unbestrittene Top-Gruppe des psychedelischen Acid Rock. Ihr Stück Runnin' Round This Wolid verherrlichte «den phantastischen Spaß eines Geschlechtsakts unter LSD» (Sänger Marty Balin); ihr Hit White Rabbit besang eine Alice im Drogen-Wunderland: "One pill lakes you larger, one pill makes you small, and the ones that mother gives you don't do anything at all. Go ask Alice when she's ten feet tall ... Feed your head."

1967 verkündete die Sängerin Grace Slick: "Es spielt keine Rolle, was die Texte sagen; unsere Lieder bedeuten alle dasselbe: Seid frei, frei in der Liebe und frei im Sex." 1969 hieß es im Text We Can Be Together auf der LP Volunteers: "Wir sind Außenseiter in den Augen Amerikas. Wir stehlen, betrügen, lügen, fälschen, verstecken und handeln mit Rauschgift, um zu überleben. Wir sind obszön, ungerecht, scheußlich, gefährlich, dreckig, gewalttätig und jung. Wir sind die Vollstrecker von Chaos und Anarchie. Alles, was man über uns sagt, sind wir wirklich."

Durch ihre Musik, ihre aggressiven Songtexte und ihren Lebensstil beeinflußte die Gruppe wie kaum eine zweite die Mentalität der amerikanischen Großstadtjugend. Jefferson Airplane war aber auch die erste San Francisco-Band mit einem lukrativen Schallplatten-Vertrag (bei RCA Victor), die erste mit weltweiten Hits (Somebody To Love, White Rabbit), die erste, die mit psychedelischen Graphik-Posters den neuen kalifornischen Jugendstil verbreitete. Weil ihre Firma obszöne Textstellen auf den LPs unverständlich gemacht hatte, gingen die Musiker vor Gericht, setzten auf Volunteers die Wörter shit, fuck und motherfucker durch.

 

 

Weitere Infos
auf der Jefferson Airplane Homepage
und Jefferson Airplane Discography


David Peel and the Lower East Side

Erstmals   war Peel, David (voc, g), aus Brooklyn in die Schlagzeilen gekommen, als er 1967 eine "Legalize Marijuana Campaign" gegründet und an einem "Be-In" zum Rauchen von Bananenschalen aufgefordert hatte. In der Folge erlangte er schnell einen hohen Bekanntheitsgrad als singender Rauschmittel-Promotor.

Gelegentliche Festival-Auftritte (u.a. mit den Doors, Grateful Dead, Jefferson Airplane), bei denen er im wahrsten Sinn des Wortes als Anheizer (von Joints) das Publikum in die richtige Stimmung zu versetzen wusste, waren eher die Ausnahme.

Meist war er als Strassenmusiker unterwegs und sang seit 1967 an jedem Sonntag am Washington Square seine Lieder (für Marihuana und freie Liebe, gegen Polizei und Wehrdienst). Mit der Zeit bildete sich eine Gruppe Gleichgesinnter um ihn, das wöchentliche Werbesingen für Marihuana wurde zur Institution: unter dem Namen "David Peel & the lower east side".

So entstanden so zwischen 1968 und 1972 drei Alben. Zum Entsetzen aller Kritiker und Anticannabisten verkaufte sich schon das erste auf Anhieb über 60'000 mal. Peel blieb auch nach seinen Plattenerfolgen bei seiner Politik der Gratiskonzerte, denn "kein Rock-Musiker hat je was dafür bezahlt, ein Publikum zu sehen; warum sollte dann ein Publikum was zahlen, wenn es ihn sehen will ?"

1971 gründete David Peel mit John Lennon und Yoko Ono zusammen die anarchistische "Rock Liberation Front". Die gegenseitige Wertschätzung zeigt sich auch in Songs, die sie sich gegenseitig widmeten.

 

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Weitere Infos
auf der David Peel Homepage

The Grateful Dead

The Grateful Dead entstand 1965 in San Francisco, hervorgegangen aus Bands namens MAMA McCREE's UPTOWN JUG CHAMPIONS und THE WARLOCKS. Ihr Bandleader war Jerry Garcia (g, voc, harm). Sie galten als Keimzelle des San Francisco Rock und Verkörperung der Hippie-Kultur. Um den Musikerkern aus Garcia, dem Songschreiber Bob Hunter, dem Gitarristen Bob Weir, den Pianisten und Organisten Tom Constaten, Ron McKernan und Keith Godchaux, dem Baßgitarristen Phil Lesh und den Schlagzeugern Bill Sommers, Mickey Hart und Bill Kreutzman (in unterschiedlichen Kombinationen) gruppierte sich eine gelegentlich bis zu 70 Mitgliedern starke Großfamilie, die bis einen antiautoritären Lebensstil praktizierte. Die dankbaren Toten, die ihren Namen einst dem willkürlich aurgeschlagenen Oxford Dictionary entnommen haben, unterstützten die revolutionären Studenten der Berkeley University, versagten sich dem Reklamerummel des Showbusiness, organisierten ihre Konzerte und Tourneen selbst und feilschten nicht um Spitzengagen. Im Gegenteil: In den Parks von San Francisco spielte die Band vorwiegend umsonst, um «die Welt für jeden etwas angenehmer zu machen» und die «totale Kommunikation mit dem Publikum» (Garcia) herzustellen. Dazu verabreichte Garcia seinen Anhängern nicht selten LSD.


Weitere Infos
auf der Official Grateful Dead Home Page und Tim's Grateful Dead Homepage

 

Schließlich wurde die Kommerzialisierung der Underground-Rockmusik und damit die gesellschaftliche Reingetration der sich verselbständigten Teile der Jugend- und Studentenbewegung durch das berühmte Woodstockfestival eingeleitet.